Wasserkraftwerke

Start-up RheinSharing: „Die Politik steht sich selbst im Weg“

Marcel HeilichRheinSharing
Felix RoderRheinSharing

In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann. 

Heute geht es um das Start-up RheinSharing. Die Gründer Marcel Heilich und Felix Roder erklären, wie ihre Wasserkraftwerke funktionieren, was ihre Idee für städtische Mobilität bedeuten könnte und welche Hürden ihnen im Entwicklungsprozess begegnen.

Was produziert Ihr Unternehmen genau bzw. welche Dienstleistung bieten Sie an?

Felix Roder: Wir entwickeln Strömungskraftwerke für Flüsse. Das sind kleine Wasserkraftwerke, die wir direkt in die Strömung einsetzen. Im Rhein sind es dann die ufernahen Bereiche, wo wir die Bewegungsenergie des Wassers abgreifen. Sie wird dann durch unserer Technologie umgewandelt: Durch einen Rotor, der einen Generator antreibt und somit elektrischen Strom erzeugt.

Aktuell bauen wir den ersten Prototypen und sind kurz vor der Testphase. In den nächsten Wochen wir einer unserer Prototypen in den Rhein gelassen.

Was hat den Ausschlag dafür gegeben, Ihr neues nachhaltigeres Produkt herzustellen? Wie kam es zu der Idee?

Roder: Wir haben gesehen, dass die innerstädtische Mobilität nicht zu Ende gedacht wurde, insbesondere die Mikro-Mobilität. Die E-Scooter und E-Bikes, die direkt in der Stadt stehen, werden abends eingesammelt und außerhalb der Stadt geladen. Höchstwahrscheinlich mit Strom, der aus einem Atomkraftwerk oder Kohlekraftwerk kommt. Da dachten wir: Das geht besser. Wir haben ein Konzept für den Kölner Rheinauhafen entwickelt, um Lademöglichkeiten über einen Pavillon zur Verfügung zu stellen. Dort könnte dann die Energie, die wir mit unserem Wasserkraftwerk erzeugen, an Ort und Stelle bereitgestellt werden. Auf diese Weise wollen wir den Mobilitätssektor unterstützen.

Welches Potential sehen Sie noch für Ihre Entwicklung?

Roder: Wir möchten ein Produkt-Portfolio mit verschiedenen Größen von Wasserkraftwerken aufbauen, um möglichst viele Situationen und Gegebenheiten abdecken zu können. Der kleine Prototyp, den wir zurzeit bauen, ist beispielsweise für den privaten Sektor gedacht: für Wassersportvereine, Hausboote oder private Nutzer, die am Fluss leben. Die großen Wasserkraftwerke sind für Unternehmen und Städte am Fluss, die eigene Energie produzieren wollen.

Was hätten Sie sich bei der Gründung gewünscht?

Marcel Heilich: Wenn der Prozess der Förderung ein bisschen unbürokratischer laufen würde, wäre das wahrscheinlich an vielen Stellen ein Fortschritt. Welche Fördermöglichkeiten wir in Zukunft nutzen oder nutzen können, hängt aktuell sehr stark von unserer Produktentwicklung ab. Es ist ein großes Produkt und dementsprechend ein großes Vorhaben.

Bisher konnten wir noch recht niederschwellige Förderungen nutzen, die es von der Stadt Köln gibt. In Summe kommt da auch ein bisschen Geld zusammen, sodass man schon Mal Entwicklungen umsetzen kann. Das war eigentlich eine sehr, sehr gute Möglichkeit. Dafür haben wir eine GbR gegründet. Doch wie es dann nach der Testphase weitergeht, ist noch offen. Wir überlegen, eine Kapitalgesellschaft zu gründen.

Da sehen wir für uns zwei Möglichkeiten für die Finanzierung. Entweder eine Forschungsförderung, bei der man die Anträge mit einem Forschungsinstitut zusammenstellen muss. Damit könnten wir dann die vollen Kosten abdecken. Oder wir müssten selber einen Kredit beantragen, da wir mit anderen Förderungen nicht die volle Summe, die nötig ist, abgedeckt bekämen. Letzteres finde ich aktuell etwas problematisch, das ist schon ein Hindernis. Denn als junges Startup kann man nicht die Sicherheiten vorweisen, um einen günstigen Kredit zu bekommen. Diejenigen, die das Geld haben, wie Unternehmen, sind dagegen relativ stark eingefahrenen in Denkweisen und Prozessen. Das ist zumindest meine Beobachtung. Da werden Innovationen gebremst.

Welche Hindernisse sehen Sie für Ihre Planungen, z.B. durch aktuelle staatliche Rahmenbedingungen?

Heilich: Die Haupt-Hürde der Finanzierung. Wasserkraftwerke sind große Produkte – und damit auch große Vorhaben. Daher ist die Finanzierung unsere Haupt-Hürde, die es zu nehmen gilt. Eine weiteres Hindernis ist die Bürokratie. Für unser Test-Projekt zum Beispiel haben wir ziemlich viele Gespräche mit den Behörden geführt. Für weitere Standorte am Rhein kommen jeweils neue Genehmigungsprozesse hinzu. Die Standorte werden individuell betrachtet, da die Einhaltung der Minimaldistanz zur Fahrrinne für die Schifffahrt geprüft wird.

Was könnte die Politik generell tun, um eine nachhaltige Produktion besonders in KMU zu unterstützen? Was wünschen Sie sich von der Politik?

Heilich: Die Bereitstellung von günstigem Kapital. Wenn wir uns bei unserem Projekt dafür entscheiden, das Konzept über einen Kredit zu verwirklichen, dann gilt das als Wagniskapital – mit recht hohen Zinsen.

Auch der Technologietransfer zwischen Unternehmen sollte gefördert werden. Wir haben zwar auch potentielle Partner kennengelernt, die sehr offen mit ihrem Wissen umgehen, weil es eben eine Bereicherung sein kann. Aber ich denke, dieser Punkt könnte noch weiter vorangetrieben werden.

In unserem Fall hat dagegen der Transfer aus der Forschung in die Praxis über unsere Hochschule gut funktioniert. Wir hatten, auch fakultätsübergreifend, viele Möglichkeiten, unsere Wasserkraftwerke zu entwickeln und erste Tests im Labor zu machen. Auch der Gründungsservice hat uns bei der Stellung von Anträgen unterstützt. Aber auch hier steht und fällt alles mit der eigenen Initiative.

Was, denken Sie, brauchen wir generell, um die Bahnen in eine nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bzw. nachhaltigere Wirtschaftsform zu lenken?

Heilich: Meiner Ansicht nach ist Lobbyismus ein Problem. Das blockiert die wesentlichen Aufgaben wie den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Die Politik steht sich da selbst im Weg – und macht Fehlinvestitionen.

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