Installion GmbH: „Wir brauchen eine Klimagründer-Generation“
In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann.
Heute geht es um das Unternehmen Installion GmbH aus Köln. Geschäftsführer Florian Meyer-Delpho erläutert unter anderem, warum wir seiner Ansicht nach eine Klimagründer-Generation in Deutschland brauchen.
Herr Meyer-Delpho, welche Dienstleistung bietet ihr Unternehmen Installion an?
Unser Geschäftsmodell dreht sich um Photovoltaik. Wir bieten seit 2019 eine digitale Plattform an, auf der Handwerker und Auftraggeber zusammenfinden können. Unsere NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur hat uns einmal als „Tinder für Handwerker“ bezeichnet. Aber wir wollen natürlich nicht nur, dass die Menschen zusammenfinden. Wir möchten auch, dass sie die Projekte über unsere Plattform miteinander managen können, zum Beispiel über eine Kalender-Funktion.
Allerdings mussten wir auch feststellen: Es gibt viele Auftraggeber auf unserer Plattform, aber vergleichsweise wenige Handwerker:innen. Deshalb hat Installion selbst Kapazitäten aufgebaut. Wir sind mittlerweile ein Handwerksbetrieb mit 170 Leuten, die in ganz Deutschland tätig sind.
2023 wurden wir dann von dem Ökostrom-Anbieter Lichtblick gekauft und in den Konzern eingegliedert. Weil man dort erkannt hat, dass man vom Strom- und Gashändler zu einem vollintegrierten Energie-Service-Anbieter werden muss. Da war Installion das fehlende Puzzle-Teil. In Zukunft möchten wir in der Lage sein, Häuser komplett zu dekarbonisieren. Bislang tun wir das gemeinsam mit unseren Partner-Unternehmen. Wir möchten aber auch hier selbst Kapazitäten aufbauen.
Wie kam es 2019 zur Gründung von Installion?
Ich bin seit 2004 in der Photovoltaik-Branche. Damit habe ich, in Photovoltaik-Zeitrechnung, praktisch das Dinosaurier-Alter erreicht. 2004 hat man im Jahr so viel Solar-Leistung installiert wie heute in einer Woche. Dementsprechend gab es nicht viele Handwerker:innen, die sich mit dem Thema beschäftigt haben. Der später eintretende Boom hat Deutschland deshalb kalt erwischt.
Wir bei Installion sind daher mit dem Gedanken gestartet, dass wir im Bereich erneuerbarer Energien in einen Fachkräftemangel rutschen werden. Da Deutschland versucht, seine sehr zentralistische Energieversorgung auf eine dezentrale, sehr digitalisierte und erneuerbare Energieversorgung umzustellen. Die Kraftwerke liegen zukünftig also nicht mehr vor den Toren der Stadt, sondern auf den Dächern der Kunden. Und das wiederum braucht eine ganz andere Handwerker-Struktur.
Aber Ende 2018 fehlten eben diese Handwerker – und das bei einem erstarkenden Bedarf. Das Gleiche galt für Material. Deshalb dachten wir uns, es könnte interessant sein, eine digitale Plattform zu bauen, auf der man Angebot und Nachfrage zusammenbringt. Ähnlich wie bei Airbnb. Wenn Sie in einer Stadt rumfragen, ob jemand Sie zwei Tage in ihrer Wohnung leben lässt, werden Sie wahrscheinlich wenig Erfolg damit haben. Aber über Airbnb ist das Finden einer Unterkunft ganz einfach.
Welche Hindernisse sehen Sie für Ihre Planungen, z.B. durch aktuelle staatliche Rahmenbedingungen?
Wenn man auf den Staat und die Bürokratie schimpft, hat man natürlich immer ins Schwarze getroffen. Ich glaube, dass gerade die Kürzung der Einspeisevergütungen 2012 unter Norbert Röttgen ein Fehler war. Deshalb ist die Solarbranche in die Knie gegangen – und nun müssen wir mit viel Geld das auf- und ausbauen, was die Chinesen uns voraus haben.
Ansonsten muss ich sagen, dass wir die Politik nicht dafür verantwortlich machen können, wenn etwas schief läuft. Alle Kriterien sind erfüllt. Die Politik kommt der Solarbranche stark entgegen, was natürlich auch den Boom auslöst. Allerdings haben wir es teilweise sogar mit einer Überförderung zu tun. Ein Beispiel ist das schlecht gemachte Solardach-Förderprogramm des Bundesverkehrsministeriums, das nach nur einem Tag gestoppt wurde.
Gibt es etwas, dass Sie sich von der Politik wünschen würden?
Manchmal schürt die Politik mit dem, was sie tut, Verunsicherung. Durch die Diskussionen um das Heizungsgesetz beispielsweise ist der Absatz von Wärmepumpen unnötigerweise eingebrochen. Aber ich denke, auch das gehört dazu, wenn wir in Richtung Transformation kommen wollen. Natürlich brauchen wir gute Gesetze – aber vor allem brauchen wir überhaupt Gesetze, die in diese Richtung gehen. Den Grünen wird nun oft vorgeworfen, aktionistisch zu sein – aber das ist besser, als nichts zu tun.
Was, denken Sie, brauchen wir generell, um die Bahnen in eine nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bzw. nachhaltigere Wirtschaftsform zu lenken?
Gesellschaftspolitisch denke ich, dass wir Umweltkosten stärker den jeweiligen Verursachern zuordnen müssen. Wir müssen es schaffen, Haushalte mit niedrigem Einkommen so gut auszustatten, dass sie ihre Bedürfnisse decken können. Gleichzeitig müssen „Verschmutzer“ stärker besteuert werden. Sie müssen den Preis für ihre Verschmutzung zahlen.
Ein Insekt hat einen Preis. Wenn ich dieses Insekt töte, muss ich bezahlen, was nötig ist, um es zu ersetzen. Als Privatpersonen kennen wir diesen Fall: Töte ich eine Wespe, kann ich dafür belangt werden. Tötet RWE durch das Abbaggern von Kohle ganze Habitate von Tieren, wird das nicht bepreist. So etwas fördert Ungleichheit. Das müssen wir ändern. Hier ist die Politik gefragt.
Dann denke ich, dass für eine nachhaltige Wirtschaft die nachfolgenden Gründergenerationen eine Schlüsselrolle spielen. Mit der geringen Innovationskraft, die Konzerne an den Tag legen, werden wir nie die Probleme der Zukunft lösen. Wir brauchen eine Klimagründer-Generation.
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