Wie Unternehmen Klimaanpassung spielerisch erproben können

Sophie FischerTechnischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt

Der im März 2022 veröffentlichte Bericht des Weltklimarats verdeutlicht, dass der Klimawandel voranschreitet und das 1,5-Ziel in die Ferne rückt. Damit einhergehende Konsequenzen wie erhöhte Durchschnittstemperaturen und Extremereignisse häufen sich und bergen zahlreiche, interdependente Risiken.

An diese Umweltauswirkungen ist zugleich die Anforderung geknüpft, dass Unternehmen Verantwortung übernehmen und die Prozesse so ausgestalten, dass sich Wirtschaftlichkeit und Prosperität vereinbaren lassen.

Ferner stehen Unternehmen aufgrund expandierter Wertschöpfungsketten in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren global verteilten Zulieferern. Dadurch ist der Produktionsfluss anfällig für externe Störungen, die beispielsweise durch den Klimawandel ausgelöst werden. Die Entwicklung von Maßnahmen zur Klimaanpassung ist unerlässlich, um die organisationsspezifischen Risiken des Klimawandels zu minimieren.

Unternehmen spielerisch für Klimaschutz sensibilisieren

Das Forschungsprojekt MainKlimaPLUS an der Technischen Hochschule Würzburg Schweinfurt (THWS) adressiert diese Herausforderungen und konzeptualisiert Bildungsangebote, um Organisationen hinsichtlich ihre Verantwortungsfunktion zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen, Maßnahmen zu Klimaschutz und -anpassung für ihre Unternehmen abzuleiten.

Eine umfassende Regionalstudie bildet neben der Erläuterung von relevanten Grundbegriffen, anhand verschiedener Dimensionen (z.B. Branche, Umfang, antizipativ/reaktiv) ab, inwiefern Unternehmen bereits Anpassungsmaßnahmen umsetzen. Die Datenbasis entstammt einer quantitativen Umfrage der mainfränkischen Wirtschaft (n = 288).

Ein bei YouTube veröffentlichtes Teaservideo basierend auf qualitativen Experteninterviews sowie ein Kartenspiel MainWarmUp bereiten Wechselwirkungen und Grundbegriffe zielgruppengerecht auf.

Anhand der Hauptkomponente, des Planspiels MainKassandra, können Unternehmen verschiedene, klimatische Einflüsse simulieren und Anpassungsstrategien auf ihre Wirksamkeit und reziproken Effekte hin spielerisch erproben. Dabei gilt es eine Balance zwischen ökonomischen und ökologischen Anforderungen herzustellen.

Der im Projekt genutzte, didaktische Ansatz des Game-based Learnings (GBL) birgt angesichts des Themenkomplexes, der Sensibilisierung und Veränderung von Denkmustern höhere Erfolgschancen als klassische Bildungsformate, um die Inhalte und Relevanz praxisnah und nachhaltig zu vermitteln.

Strategien durch das Planspiel erproben

Konkret simulieren Unternehmen und Interessierte im Planspiel verschiedene klimatische Einflüsse und erproben Strategien auf ihre Wirksamkeit hin. Mit einem spielerischen Ansatz werden Auswirkungen des Klimawandels nachgeahmt und einzelne Teams aufgefordert, mit einem interaktiven Maßnahmenkatalog zielgerichtete Anpassungsstrategien zu entwickeln.

Dabei gilt es, Klimaereignisse und vorhandene Ressourcen zu beachten, denn gewinnen können nur die Spielerinnen und Spieler, die eine Balance aus ökonomischen und ökologischen Interessen erreichen. Die Erfahrungen können in die berufliche Praxis geführt und innerhalb von Arbeitsteams diskutiert werden.

Mit den Bildungsangeboten sollen Akteure von Handwerksunternehmen, KMUs, sowie Großkonzernen Grundbegriffe, Kontext und Wechselbeziehungen des Klimawandels insb. hinsichtlich der Klimaanpassung verinnerlichen und mittels GBL in einer geschützten Umgebung relevante Entscheidungen treffen und deren Wirkungen zu erleben.

Spielerisches und aktives Lernen

Das Ziel ist die Verbesserung der aktuellen Wissensbasis, um Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Klimaanpassung zu vermitteln (Wissen). Diese Erkenntnisse sollen die Motivation steigern (Sensibilisierung), Erlerntes in die berufliche Praxis zu überführen und individuell umzusetzen (Befähigung). Akteure sollen im Spiel ihre Erfahrungen reflektieren, in den Arbeitsalltag transferieren und dann eigene, maßgeschneiderte Anpassungskonzepte innerhalb ihrer Organisationen ableiten.

Dabei ermöglicht insbesondere das Planspiel, dass Akteure in einer geschützten Umgebung direkte und indirekte Auswirkungen des Klimawandels simulieren und bereits innerhalb der Teams zielgerichtete Anpassungsstrategien entwickeln.

Diese Form von aktivem Lernen fördert das Handlungsbewusstsein und die Wissensanwendung. Demnach fördert das Planspiel aktives Lernen, indem reale Herausforderungen initiiert und interaktiv bearbeitet werden.

Die Spielenden nehmen fiktive Rollen ein, spielen Klima-Szenarien durch und stellen über Strategiepfade Maßnahmen zusammen, die sich auf fiktive Unternehmen auswirken. Die eher beiläufigen Lernprozesse erweisen sich aufgrund motivierender und emotionaler Faktoren im Spiel als intensiver. Demnach stärken die Spielenden neben den konkreten fachlichen Inhalten, auch Kompetenzen wie Kommunikations-, Verhandlungs- und Problemlösungsfähigkeiten.

Planspiel für Führungskräfte und Beschäftigte

Die Bildungsmaterialien richten sich an Führungskräfte und Beschäftigte, die mehr über die Wechselwirkungen des Klimawandels erfahren und zur nachhaltigen Weiterentwicklung ihres Unternehmens beitragen möchten. Für die Durchführung des Planspiels ist kein klimabezogenes Vorwissen oder die Ausübung einer spezifischen Funktion im Bereich Nachhaltigkeit erforderlich.

Für einen höheren Spielerfolg empfiehlt sich die Zusammensetzung einer heterogenen Teilnehmendengruppe aus verschiedenen Funktionsbereichen und Unternehmen. So können die Lernergebnisse und gegenseitige Inspiration anschließend in alle Ebenen eines Unternehmens rückgeführt werden und als Basis für die zukünftige Strategieentwicklung dienen.

Ansatzpunkte für verantwortungsbewusstes Wirtschaften

Das Planspiel MainKassandra wurde bisher dreimal gespielt (Masterstudierende, Landratsamt Haßberge, Wirtschaftsjunioren Schweinfurt) und blickt auf sehr positive Evaluationen zurück. Bis dato zeigt sich ein steigendes Interesse für Kooperationen und Durchführungen des Planspiels, wobei nun die Verstetigung und formative Evaluation geplant ist.

Mit dem Bildungsansatz zeigt sich ein hohes Interesse, Akteuren wichtige Ansatzpunkte für verantwortungsbewusstes Wirtschaften aufzuzeigen, um positive Veränderungen bei tradierten Denk- und Verhaltensmustern zu bewirken.

Die Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsjunioren und Geschäftsführerin von Planen Wehner GmbH resümiert hierzu, „dass das Planspiel wirklich einen Mehrwert schafft, indem man sich mit konkreten Ereignissen und deren Lösungsansätzen auseinandersetzt. Natürlich kommt der Spaß […] auch nicht zu kurz!“ (Zitat LinkedIn-Profil, Februar 2023).

MainKassandra
Abbildung V. Faulstich

Das Planspiel „MainKassandra“ kann kostenlos heruntergeladen und im Unternehmen gespielt werden. Der Download-Ordner enthält neben der Spielanleitung eine Begleitpräsentation, ein Booklet mit Spielmaterialien und den interaktiven Maßnahmenkatalog.

Das Planspiel wird ab Juni als Workshop am Campus Weiterbildung an der THWS angeboten und soll im Weiterbildungssegment der Projektpartner, der IHK Würzburg-Schweinfurt, IG Metall, Geschäftsstelle Schweinfurt und der Handwerkskammer für Unterfranken, angeboten werden.

Verantwortlich für die Organisation und Durchführung ist das Projektteam, bestehend aus dem Projektleiter Prof. Dr.-Ing Jan Schmitt, Sophie Fischer und den studentischen Hilfskräften Lena Lauc, Vanessa Faulstich und Marius Fischer.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

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