Naturschutz und Landwirtschaft im Konflikt: So gelingt die Verständigung

Verena MenauerInstitut für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim

Obwohl es immer mehr Initiativen und Projekte gibt, bei denen Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz erfolgreich zusammenarbeiten, ist vor allem die öffentliche Kommunikation nach wie vor von Konflikten geprägt.

Statt gemeinsam nach Lösungen und Kompromissen zu suchen, machen sich die Beteiligten gegenseitig Vorwürfe, äußern sich undifferenziert und emotional oder weigern sich, mit anderen zu sprechen.

Vielfältige Gründe für Konflikte

Die massenmediale Berichterstattung macht es oft nicht besser: Journalist*innen berichten fast ausschließlich über negative und konfliktbehaftete Ereignisse, ihre Texte sind teils unausgewogen und tendenziös.

Die Gründe für diese Probleme sind vielfältig und reichen von ökonomischen Zwängen über mangelndes Wissen (bei den Betroffenen ebenso wie bei Journalist*innen) bis hin zu verschiedenen internen Zielkonflikten. So ist beispielsweise der Deutsche Bauernverband in der schwierigen Position, die Interessen von fast allen deutschen Landwirt*innen vertreten zu müssen – deren Bedürfnisse unterscheiden sich aber zunehmend voneinander.

Hinzu kommt ein gewisses Ungleichgewicht zwischen den beteiligten Akteuren: Landwirt*innen sind oft unmittelbar von politischen Entscheidungen betroffen. Neue Auflagen und Restriktionen bedeuten nicht nur einen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit, sondern werden oft auch als existenzgefährdend wahrgenommen. Dass nicht-landwirtschaftliche Akteure trotzdem an der Entscheidungsfindung mitwirken und öffentlich Forderungen stellen, empfinden Landwirt*innen deshalb häufig als ungerecht.

Kommunikation zwischen den Akteuren verbessern

Um die Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren zu verbessern, sollte deshalb Zweierlei angestrebt werden: Mehr Wissen übereinander vermitteln und mehr Verständnis füreinander schaffen.

Beides kann dazu beitragen, Vorurteile abzubauen, bestehende Gemeinsamkeiten stärker als bisher aufzuzeigen und eine gemeinsame Vertrauens- und Wissensbasis zu schaffen. Folgende Maßnahmen bieten sich dazu an:

1. Maßnahme: Verstetigung des Dialogs

Kontinuierlicher Austausch

Der direkte und persönliche Austausch zwischen den Akteuren aus Landwirtschaft und Naturschutz sollte auf allen Ebenen intensiviert und optimiert werden. Zu diesem Zweck sollten Anlässe bzw. Räume geschaffen werden, die einen kontinuierlichen Austausch auf Augenhöhe ermöglichen.

Erwartungen und Ziele definieren

Zentral dabei ist, dass für alle Beteiligten stets ein konkreter Mehrwert erkennbar sein muss – der Dialog darf kein Selbstzweck sein, sondern sollte in gemeinsames Handeln münden. Die Erwartungen und Zielvorstellungen der Teilnehmenden sollten zu Beginn explizit angesprochen und geklärt werden, im weiteren Verlauf sollten konkrete, erreichbare Ziele sowie feste Zeithorizonte definiert werden.

Eine ausreichende Vorbereitung der gemeinsamen Gespräche ist für alle Beteiligten unerlässlich – nur so kann sachlich und faktenbasiert argumentiert werden.

Vermittler*innen

Bei Bedarf ist der Einsatz möglichst neutraler Vermittler*innen zu empfehlen, die als Schnittstelle zwischen den beteiligten Akteuren fungieren und bei der Moderation bzw. Konfliktlösung unterstützend mitwirken (zum Beispiel Landschaftserhaltungs-/Landschaftspflegeverbände oder Expert*innen mit einschlägiger Ausbildung, zum Beispiel aus dem Agentur- oder Beratungsbereich).

Repräsentative Wahl der Gesprächspartner

Gerade bei Dialogen auf höheren, politischen Ebenen ist auf eine möglichst repräsentative Wahl der Gesprächspartner*innen zu achten: Die beteiligten Interessenvertreter*innen sollten so gewählt werden, dass beschlossene Maßnahmen und Projekte später bei allen relevanten Akteuren auf Akzeptanz stoßen. Dabei gilt es, sowohl die Interessenvielfalt innerhalb des Naturschutzes ausreichend zu berücksichtigen als auch die innerhalb der Landwirtschaft.

2. Maßnahme: Erweiterung der Aus-/Weiterbildung in Naturschutz und Landwirtschaft

Wissen vermitteln

Bei allen beteiligten Akteuren – sowohl haupt- als auch nebenamtlichen – sollte ein höherer Wissensstand über das jeweils andere Feld angestrebt werden:

  • Bei landwirtschaftlichen Akteuren sollte vermehrt Wissen über den Schutz der biologischen Vielfalt und deren Bedeutung für Landwirtschaft und Gesellschaft vermittelt werden
  • Naturschutzakteure sollten verstärkt Einblicke in die landwirtschaftliche Praxis erhalten sowie relevante betriebswirtschaftliche Zusammenhänge kennen und verstehen lernen.

Darüber hinaus sollten sich die Akteure mit den Werten, Interessen und Einstellungen der jeweils anderen Gruppe – zumindest in ihren Grundzügen – vertraut machen. Entsprechende Inhalte könnten zum Beispiel in die Lehrpläne der einschlägigen Ausbildungen beider Seiten integriert werden, auch die Schaffung geeigneter Weiterbildungsangebote ist denkbar.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken

An Hochschulen, Universitäten und weiteren Forschungseinrichtungen sollte die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Lehre und Forschung gestärkt werden. Auch wechselseitige Praktika in der Ausbildungsphase bilden eine geeignete Maßnahme.

3. Maßnahme: Aus-/Weiterbildung von und stärkere Vernetzung mit Journalist*innen

Ausbildung an Hochschulen

Um Journalist*innen – vor allem jene aus dem nachrichtenjournalistischen Bereich – besser zu ihrer Vermittlungsrolle zu befähigen, ist nach Möglichkeit die Integration entsprechender inhaltlicher Angebote in der journalistischen Ausbildung anzustreben (an Hochschulen, Universitäten und in Volontärskursen).

Weiterbildungen

Eine weitere Maßnahme könnte die Schaffung niederschwelliger Weiterbildungsangebote sein (zum Beispiel kostenlose, digital stattfindende Schulungen zu aktuellen, politisch relevanten Themen).

Bessere Vernetzung

Auch eine bessere Vernetzung von Journalist*innen mit Akteuren aus Naturschutz und Landwirtschaft sollte unterstützt werden, etwa durch unverbindliche Presse-Events. So erhalten Journalist*innen Einblicke in die landwirtschaftliche und naturschutzfachliche Praxis und können für das Themenfeld begeistert werden.

4. Maßnahme: Gemeinsamen Projekten mehr Aufmerksamkeit verschaffen

Kooperationsprojekte kommunizieren

Um dem bislang oft vorherrschenden öffentlichen Eindruck entgegenzuwirken, dass sich Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz vor allem konfrontativ begegnen, sollten bestehende Kooperations- und Dialogprojekte stärker als bisher professionell und öffentlichkeitswirksam kommuniziert werden.

Dabei sind neben den Projektbeteiligten selbst auch Drittmittelgeber (Behörden, Ministerien, Verbände, Stiftungen etc.) gefordert: Zum einen sollten Kommunikationskonzepte obligatorischer Bestandteil drittmittelfinanzierter Projekte sein, zum anderen müssen entsprechende Projekte mit den notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet sein, um professionell kommunizieren zu können.

Beratungs- und Vernetzungsstelle

Der Aufbau einer zentralen Beratungs- und Vernetzungsstelle könnte überdies dazu beitragen, vor allem kleinere Projekte und solche mit kurzer Laufzeit bei der Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen – zum Beispiel durch PR-Workshops und -Webinare, Schulungsunterlagen oder Vorlagen.

Nicht nur Differenzen

Abschließend bleibt anzumerken, dass es sowohl im Hinblick auf die Politik als auch im Hinblick auf Medien und Gesellschaft sinnvoll scheint, dass sich die Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz künftig verstärkt als Partner denn als Gegner wahrnehmen und auch präsentieren.

Denn auch wenn hinsichtlich einzelner Themen nach wie vor große Differenzen bestehen, herrscht in vielen Bereichen auch Einigkeit. Diese gemeinsamen Ziele und Interessen sollten stärker als bisher identifiziert, gemeinsam verfolgt und öffentlich kommuniziert werden – beide Seiten können davon profitieren. Viele der zuvor genannten Maßnahmen können die Grundlage dafür bilden.

Grundlage für diesen Beitrag ist ein Forschungsvorhaben zum Thema „Kommunikationsprobleme zwischen Akteuren aus Landwirtschaft und Naturschutz“, das vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz finanziert (Förderkennzeichen 3519840600) wird. Weitere Informationen zu den im Rahmen des Projekts erarbeiteten Lösungsvorschlägen sind hier einsehbar.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Deutschland muss Stickstoff-Überschüsse in der Landwirtschaft dringend abbauen von Prof. Dr. Thomas Scholten, Uni Tübingen

Öko-Regelungen: „Wir müssen an den großen Stellschrauben drehen“ mit Dr. Norbert Röder, Thünen Institut

Moore: Bedeutsam für Landschaft und Klimapolitik von Dr. Dominik Zak, Aarhus Universität 



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