Klima- und Finanzpolitik zusammendenken: Wechselwirkungen und Zielkonflikte

Sara HolzmannBertelsmann Stiftung

Öffentliche Finanzen sind ein wichtiger Hebel für den Wandel hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft und Wirtschaft. Damit der Strukturwandel beschleunigt, sozialer Ausgleich ermöglicht und klimafreundliche Investitionen in der Privatwirtschaft stimuliert werden, gilt es, öffentliche Finanzströme in Einklang mit den gesellschaftlichen Zielen einer Nachhaltigen Sozialen Marktwirtschaft zu bringen.

In Deutschland ist Konsistenz zwischen Finanz- und Klimapolitik bisher noch nicht hinreichend gelungen. Die Handlungs- und Investitionsbedarfe sind groß, doch zeitgleich belasten schon heute Klimawandelfolgen und Klimaanpassung die öffentlichen Haushalte. All das zeigt eine aktuelle Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, die das Zusammenspiel zwischen Finanz- und Klimapolitik genauer in den Blick nimmt.

Jahrzehntelange Belastung öffentlicher Haushalte

Allein durch die Hitzesommer 2018 und 2019 sowie die Flutkatastrophe 2021 sind in Deutschland mehr als 80 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichen Schäden entstanden. Über die letzten 20 Jahre belaufen sich die Schäden durch Extremwetterereignisse im Durchschnitt auf mindestens sechs Milliarden Euro.

Da nur ein Bruchteil der klimabedingten Schäden in Deutschland versichert ist, müssen die Kosten mehrheitlich durch Mittel von Bund und Ländern gedeckt werden. Die Sondervermögen – etwa infolge der Flutkatastrophe 2021 in Höhe von 30 Milliarden Euro – werden die öffentlichen Haushalte über Jahrzehnte hinweg belasten.

Bereits heute hohe Klimawandelschäden und steigende Tendenz

Über verschiedene Wirkungskanäle beeinflussen diese Kosten des Klimawandels die öffentlichen Finanzen. Die direkten Schadenskosten etwa in Form von Gebäude- und Infrastrukturschäden beliefen sich infolge der Flutkatastrophe 2021 allein bei Privathaushalten auf 14 Milliarden Euro und waren zu mehr als 80 Prozent unversichert.

Extremwetterereignisse reduzieren auch öffentliche Steuereinnahmen, etwa wenn es zu geringeren Erträgen, Produktionsausfällen und Produktivitätseinbußen nicht nur in den direkt betroffenen Unternehmen und Regionen, sondern auch in nachgelagerten Branchen kommt.

Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel können zukünftige Schäden zwar reduzieren, die großen Investitionsbedarfe für Infrastrukturprojekte oder städtebauliche Maßnahmen belasten die öffentlichen Finanzen dennoch erheblich und stellen keine Steigerung der Produktivität oder wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dar.

Indirekte Kosten des Klimawandels für die Staatsfinanzen entstehen unter anderem durch nicht internalisierte Umwelt- und Gesundheitsschäden. Von den jährlichen Schäden an Umwelt und Gesundheit sind schätzungsweise maximal 18 Prozent durch marktbasierte Instrumente wie Umwelt- und Gesundheitssteuern internalisiert.

Bereits heute verursacht allein der Klimawandel in Deutschland externe Kosten von bis zu 129 Milliarden Euro jährlich.

Sara Holzmann

Ein fortschreitender Klimawandel, der die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß von Schadensereignissen erhöht, wird auch die Kosten für Klimaschäden und für Klimaanpassungsmaßnahmen langfristig weiter steigern. Ob und in welchem Ausmaß diese Entwicklungen auch für eine reiche Volkswirtschaft wie Deutschland zu einem Problem für die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und damit auch für die staatliche Handlungsfähigkeit werden können, ist heute noch nicht abzusehen.

Die aktuelle Finanzpolitik bremst den Klimaschutz an vielen Stellen aus

Angesichts dieser drängenden Herausforderungen ist es unerlässlich, dass die Finanzpolitik konsequent in Einklang mit den ökologischen Zielen gebracht wird, denn nur so kann effizienter Klimaschutz gelingen. Allerdings erfüllt der Status quo der Finanzpolitik in Deutschland diese Anforderungen nicht, sondern setzt Fehlanreize, welche die klimapolitischen Anstrengungen und Investitionen konterkarieren.

Das Bundesfinanzministerium will die Verknüpfung von Klima- und Finanzpolitik in diesem Jahr im Rahmen seines jährlichen Spending Reviews fokussieren und vorantreiben. Basierend auf dem Ansatz des Green Budgeting sollen die Umwelt- und Klimawirkungen öffentlicher Finanzen systematisch analysiert und Zielkonflikte identifiziert werden.

Für eine ökologische Finanzpolitik braucht es neben der Identifikation von Inkonsistenzen jedoch auch eine Weiterentwicklung der öffentlichen Finanzen in verschiedenen Handlungsbereichen. Konkrete Handlungsabsichten fehlen hier allerdings vielmals auf der politischen Agenda.

Umweltschädliches Verhalten wird zu wenig besteuert und zu stark subventioniert

Sinkende Umwelteinnahmen schwächen die Lenkungs- und Finanzierungsfunktion von Umweltsteuern und schaffen ein steuerliches Ungleichgewicht zwischen dem Faktor Umwelt sowie den Faktoren Arbeit, Kapital und faktorneutralen Steuern, die im Zeitablauf deutlich gestiegen sind. Eine ökologische Finanzpolitik sollte diese Entwicklung vermeiden, indem die Höhe der Umweltsteuern an die Inflation gebunden wird.

Zudem sollten Fehlanreize durch Steuerbefreiungen beseitigt, marktbasierte Klimaschutzinstrumente gestärkt und neue Einnahmeinstrumente eingeführt werden. Letztere Aspekte sind gerade vor dem Hintergrund der perspektivisch fallenden Einnahmen aus der Besteuerung fossiler Energieträger und Treibstoffe wichtig, um die Finanzierung von Infrastruktur- und Klimaschutzinvestitionen langfristig sicherzustellen.

Die Reform klimaschädlicher Subventionen schafft größere Haushaltsspielräume und steigert die Effektivität klimapolitischer Instrumente. Seit 2006 sind die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland allerdings kontinuierlich gestiegen, auf zuletzt 65 Milliarden Euro.

Dabei kann die Subventionsreform eine dreifache Dividende – für Klimaschutz, öffentliche Einnahmen und Verteilungsgerechtigkeit – ermöglichen.

Sara Holzmann

Größere finanzpolitische Handlungsspielräume sind angesichts der zunehmenden Belastungen durch Klimawandel und Klimaanpassung, aber insbesondere aufgrund der öffentlichen Investitionsbedarfe für Klimaschutzmaßnahmen zentral. Allein bis 2030 besteht eine Finanzierungslücke im Klimaschutz in Höhe von 380 Milliarden Euro.

Zur Deckung dieser Kosten müssen enorme finanzielle Ressourcen mobilisiert werden. Mit wachsendem Handlungs- und Finanzierungsdruck rücken wichtige gesellschaftliche Debatten zur Schuldenfinanzierung von Klimaschutz und der Reform der Schuldenbremse zunehmend in den Fokus.

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