Energie vom Acker: Was liefert den meisten Strom?

Jonas BöhmThünen-Institut für Betriebswirtschaft

Mit Biogas und Biodiesel fing es an: Landwirtinnen und Landwirte wurden durch den Anbau von Energiepflanzen zu Energiewirt*innen. Neben dem Anbau von Mais, Raps und Co. gibt es weitere Formen der Energieerzeugung auf dem Acker: mit Photovoltaikanlagen oder Windrädern zum Beispiel. Die erzeugten Mengen sind ebenso unterschiedlich wie die dafür verbrauchte Fläche.

Ein Vergleich zeigt die Unterschiede auf

Ob Biogas, Wind- oder Sonnenstrom: Die anstehende Transformation des Energiesystems führt dazu, dass es für landwirtschaftliche Betriebe zunehmend attraktiv wird, neben Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen auch Energie zu produzieren.

Um einen sachlichen und unvoreingenommenen Beitrag zu der Frage zu liefern, welche Systeme am meisten Energie pro Flächeneinheit bereitstellen und damit am effizientesten sind, haben wir am Braunschweiger Thünen-Institut für Betriebswirtschaft verschiedene Nutzungsvarianten miteinander verglichen.

Stromversorgung

Die Berechnungen ergaben, immer bezogen auf einen Hektar Ackerfläche:

Mit dem Anbau von Mais für die Biogasanlage können sieben Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden (inklusive Abwärmenutzung). Sehr viel effizienter sind Photovoltaik-(PV)-Freiflächenanlagen, die pro Hektar 230 Haushalte versorgen können. Windräder bringen es sogar auf 6.000 Haushalte. Bei Windrädern wurde dabei der tatsächliche Verlust an landwirtschaftlicher Fläche hochgerechnet.

©Thünen-Institut/illuteam
Wärmeversorgung

Ähnlich ist es bei der Wärmeversorgung: Abwärme und der per Wärmepumpe umgewandelte Strom der Biogasanlage können ebenfalls sieben Haushalte ein Jahr lang versorgen. Die PV-Anlage schafft pro Hektar mithilfe der Wärmepumpe 170 Haushalte die Windräder bringen es auf 4.300.

©Thünen-Institut/illuteam
Verkehrssektor

Auch im Verkehrssektor sind die Leistungsunterschiede enorm: Während ein Pkw mit Raps-Biodiesel von einem Hektar Fläche 33.000 Kilometer im Jahr fahren kann und ein Pkw mit Biomethan-Antrieb aus Biogas 66.000 Kilometer zurücklegt, fährt ein Elektroauto mit PV-Strom vier Millionen Kilometer und eines mit Windstrom, erzeugt von einem Hektar Windradfläche, sogar 100 Millionen Kilometer weit.

©Thünen-Institut/illuteam

Unabhängig vom betrachteten Sektor produziert also Windenergie die mit Abstand meiste Energie pro Hektar Fläche, gefolgt von PV-Freiflächenanlagen. Der Unterschied zu den Bioenergieformen ist dabei enorm.

Jonas Böhm

Und dieser Unterschied gilt nicht nur für die Erzeugung von Biogas aus Silomais, sondern auch für die anderen Energiepflanzen, etwa Zuckerrüben, Getreidekörner, Raps oder Holzhackschnitzel aus einer Kurzumtriebsplantage.

Effizienz zählt

In Anbetracht der Studienergebnisse und der großen Unterschiede von einem „Flächenfraß“ für Windenergieanlagen oder PV-Freiflächenanlagen zu sprechen, ist also falsch. Dies gilt insbesondere dann, wenn die heute noch für Bioenergie genutzten Flächen anders genutzt werden.

Selbst wenn künftig 100 Prozent des Stroms in Deutschland mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen produziert würden, wird dafür immer noch deutlich weniger Fläche benötigt, als aktuell für Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet wird. Flächen, auf denen heute Mais oder Raps für Biodiesel wächst, stünden dann wieder für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung oder auch für Biodiversitätsprogramme.

Die für die zuverlässige flächendeckende Versorgung mit erneuerbarer Energie notwendige Speicher- und Netzkapazität kann und muss im Zuge des Ausbaus der Systeme sukzessive mit aufgerüstet werden.

Hat Biogas noch eine Zukunft?

Bleibt die Frage, ob Biogas in diesem Szenario überhaupt noch eine Zukunft hat. Da es sehr unterschiedlich produziert und verwendet werden kann, lautet die Antwort: ja, aber.

Werden für die Biogas-Produktion statt Energiepflanzen Reststoffe wie Gülle und Mist genutzt, ist diese flächenneutral und somit sinnvoll. Der Nutzungszweck wird sich aber ändern. Beispielsweise werden große Mengen an Methan aus Biogas für die Fertigung industrieller Produkte benötigt werden. Auch Rapsöl wird weiterhin als Rohstoff für die Schmiermittelindustrie und als Nahrungsmittel gebraucht. Aus den Reststoffen werden somit industrielle Rohstoffe.

Häufig wird aber statt der sinnvollen Nutzungsänderung die Grundlastfähigkeit als Argument für eine Biogas-Produktion aus nachwachsenden Rohstoffen genannt. Die aktuellen Zahlen zeigen aber, dass auf 8,7 Prozent der aktuell landwirtschaftlich genutzten Fläche nur 5,4 Prozent des deutschen Bruttostrombedarfs produziert werden. Bei Photovoltaik sieht das Verhältnis so aus: 0,1 Prozent der Fläche liefern 10,9 Prozent des Stroms.

Ein weiterer Ausbau von Biogas ist schon aufgrund der notwendigen Fläche für die Nahrungsmittelproduktion stark beschränkt.

Jonas Böhm
Flexibilität, die kaum genutzt wird

Auch die Flexibilität der Stromproduktion wird häufig als Pro-Argument für Biogasanalgen genannt. Wie die Daten der Bundesnetzagentur zeigen, findet aber bisher keine nennenswerte flexible Erzeugung deutschlandweit statt.

Ein Grund könnte sein, dass die Abwärme der Biogasanlage zum Teil genutzt werden, um Gebäude zu beheizen. Das ist sehr sinnvoll, führt aber eben dazu, dass Strom nicht flexibel, sondern an der Wärmenutzung orientiert produziert wird. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den erneuerbaren Energien herzustellen werden in unseren Analysen daher Batterie-Speicherverluste bei PV-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen berücksichtigt.

Stromkosten spielen entscheidende Rolle

Neben dem Vergleich der Flächenenergieerträge ist ein weiterer Punkt von entscheidender Bedeutung: die Stromkosten. Wie Analysen des Fraunhofer ISE zeigen, ist auch hier die Bioenergie im Nachteil. Strom aus einer PV-Freiflächenanlage inklusive Speicherung in einem Batteriespeicher ist kostengünstiger als Strom aus einer Biogasanlage, im ungünstigsten Fall ist er gleich teuer.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht spricht also auch einiges für eine veränderte und angepasste Förderpolitik der erneuerbaren Energien hin zu mehr PV-Freiflächenanlagen und Windenergieanlagen.

In dem vierminütigen Faktencheck-Video „Energie vom Acker – lohnt sich das?“ werden die Ergebnisse der Studie informativ und anschaulich zusammengefasst.

Die Studie „Vergleich der Flächenenergieerträge verschiedener erneuerbarer Energien auf landwirtschaftlichen Flächen – für Strom, Wärme und Verkehr“ ist in der Zeitschrift „Berichte über Landwirtschaft“, Band 101, erschienen.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Windräder und Wachstum: Über eine neue ökologische Industriepolitik von Dr. Wolfgang Dierker, Apple und Prof. Dr. Barbara Praetorius, HTW

Agri-Photovoltaik: „Booster“ für die Energiewende im ländlichen Raum? von Johannes Rupp und Hannes Bluhm, IÖW

Netzausbau: Ein Konflikt zwischen Bundesländern von Prof. Dr. Simon Fink, Universität Göttingen



Kommentare

  1. / von us

    Milchmädchenrechnung.
    WK Anlagen kann man nicht dicht an dicht stellen. Die schaffen vielleicht gut 10 MW/qkm x2000h= 20GWh/qkm. Stellt man sie dichter nehmen sie sich gegenseitig den Wind weg. Und überall dort wo sie so versammelt stehen ist Windpark in dem wirklich kein Mensch mehr leben möchte. Typ Windparks auf dem Meer erreichen typ. offenbar etwas wie 15 MW/qkm. Und da jammern manche Betreiber schon über bis zu -30% Ertrag.

    PV schafft mit 15% Zellen etwas wie 1e6x15%x1000kWh= 150 GWh/qkm.

    Bei Acker sind’s dann vielleicht 0.5% also 5 GWh/qkm ..

Kommentar verfassen