Warum wir Subventionen auf fossile Energie streichen sollten
Fossile Energien – Kohle, Öl, Erdgas – werden nach wie vor weltweit massiv subventioniert. Dies geschieht über explizite Subventionen wie die Steuerbefreiung von Kerosin oder die teilweise Befreiung von der Energiesteuer für energieintensive Unternehmen. Daneben werden fossile Energien aber vor allem dadurch vergünstigt, dass ihre externen lokalen Kosten – insbesondere Gesundheitskosten durch Luftverschmutzung – nicht im Preis enthalten sind. Diese Kosten werden von der Allgemeinheit getragen.
Gleichzeitig kommt die Weltgemeinschaft beim globalen Klimaschutz nur zögerlich voran. Ein zentrales Hindernis liegt darin, dass die Kosten für Klimaschutz auf lokaler, nationaler Ebene anfallen, während die Vorteile einer eingesparten Tonne CO2 sich global verteilen (globales Public Good Dilemma).
Wege aus dem Dilemma
Um Wege aus diesem Dilemma aufzuzeigen, haben wir in einer ZEW-Studie untersucht, welche Potenziale der Abbau fossiler Subventionen für den globalen Klimaschutz und die lokale Wohlfahrt von Ländern haben kann. Die Idee: Auch wenn Länder die globalen Kosten des Klimawandels ignorieren, ist es in ihrem Eigeninteresse, die lokalen Kosten durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe zu adressieren.
Wir finden starke Anreize für Länder, explizite und implizite fossile Subventionen unilateral abzubauen. Die Länder würden von erheblichen zusätzlichen Steuereinnahmen und ökonomischen Wohlfahrtsgewinnen sowie geringeren Kosten für die Erreichung der nationalen Klimaziele profitieren, insbesondere durch die Bepreisung lokaler Luftverschmutzung.
Etwa ein Drittel der Länder würde allein durch die Subventionsreformen seine Klimaziele erreichen, ohne zusätzliche Maßnahmen wie eine CO2-Bepreisung zu benötigen. Eine umfassende, globale Beseitigung von fossilen Subventionen würde die globalen CO2-Emissionen um 32 Prozent verringern und damit das Erreichen des 2°C Paris Klimaziel für 2030 möglich machen.
Explizite und implizite Subventionen – versteckte Kosten unseres Energiesystems
Laut Daten des Internationalen Währungsfonds zahlten Regierungen 2022 weltweit rund 1,3 Billionen US‑Dollar (1,3 Prozent des globalen BIP) an direkten Zuschüssen auf fossile Brennstoffe.
Weit gravierender sind die impliziten Subventionen: Insbesondere führt die Nutzung fossiler Brennstoffe nachweislich zu einer erheblichen Verschärfung der lokalen Luftverschmutzung und stellt eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar. Da die Preise für Kohle, Gas und Öl die externen Kosten durch lokale Luftschadstoffe und, im kleineren Ausmaß, durch Ölnutzung im Straßenverkehr (Stau, Unfälle, Straßenschäden) nicht abbilden, belaufen sich diese verdeckten Transferleistungen weltweit auf etwa 5,7 Billionen US-Dollar (5,8 Prozent des globalen BIP). Zusammen ergab dies im Jahr 2022 Subventionen in Höhe von rund 7 Billionen US-Dollar, was circa 7 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht.
Die Nutzung fossiler Brennstoffe verursacht insbesondere durch Gesundheitsschäden lokale externe Kosten für den Einzelnen und die Gesellschaft, die nicht in den Marktpreisen der Brennstoffe enthalten sind. Das führt dazu, dass diese Kosten bei Entscheidungen der Marktteilnehmer nicht berücksichtigt werden. Diese Diskrepanz zwischen den privaten Kosten der Versorgung und den umfassenderen sozialen Kosten stellt eine implizite Subvention für den Verbrauch fossiler Brennstoffe dar – mit negativen Folgen für die Wohlfahrt.
Ein globales makroökonomisches Modell zur Quantifizierung der Effekte
In unserer Studie kombinieren wir ein makroökonomisches Modell, das zahlreiche Länder, Sektoren und fossile Energieträger abbildet. Wir beziehen dabei Daten zu expliziten Subventionen und den lokalen externen Kosten fossiler Energieträger sowie umfassende nationalen Einkommens- und Produktionsdaten ein.
Das ermöglicht uns, sowohl nicht-marktbezogene (insbesondere reduzierte Gesundheitskosten) als auch marktbezogene Wohlfahrtseffekte (Veränderungen der Konsummöglichkeiten und Produktionskosten) in Politikszenarien zum Abbau von Subventionen zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung von Letzterem ist wichtig, da fossile Energieträger immer noch tief in den globalen Produktions- und Wertschöpfungsketten integriert sind und somit über nationale und internationale Märkte wesentlichen Einfluss auf Preise für Konsum- und Zwischengüter haben.
Wohlfahrts‑ und Fiskaleffekte einer Subventionsreform
Unsere Studie zeigt, dass Länder starke Anreize haben, fossile Subventionen unilateral abzubauen. Wir analysieren die Anreize auf drei Ebenen:
- Auswirkungen auf die Wohlfahrt
- fiskalische Effekte
- Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Kosten, die mit der Erreichung der Pariser Klimaziele des Landes bis 2030 verbunden sind
Während die unilaterale Abschaffung allein der expliziten Subventionen im Durchschnitt nur moderate Wohlfahrtsgewinne von 0,2 Prozent des jährlichen Konsums bringt, mit relevanten Ausnahmen wie Saudi Arabien oder Indonesien, führt die zusätzliche Bepreisung lokaler externer Effekte zu deutlich höheren Zugewinnen: Im globalen Durchschnitt liegt dieser Zugewinn bei 3,7 Prozent, wobei der Nettoeffekt für nahezu alle Länder positiv ist.
Besonders profitieren Länder mit energieintensivem Verbrauch oder hohen externen Kosten fossiler Brennstoffe, darunter China, Indien, Saudi-Arabien und Russland mit Wohlfahrtssteigerungen zwischen fünf und 23 Prozent. Rund 90 Prozent dieser Wohlfahrtsgewinne entfallen auf die Bepreisung lokaler Luftverschmutzung.
Neben den Wohlfahrtseffekten entstehen erhebliche fiskalische Vorteile: Durch den kombinierten Abbau expliziter und impliziter Subventionen könnten Länder zusätzliche Einnahmen in Höhe von durchschnittlich 4,9 Prozent ihres jährlichen Konsums generieren – weltweit entspricht dies rund 2,5 Billionen US-Dollar jährlich. Zum Vergleich: Der isolierte Abbau expliziter Subventionen würde nur Einnahmen von durchschnittlich 0,4 Prozent erzielen.
Klimapolitische Implikationen
Zudem kann die Abschaffung fossiler Subventionen die Kosten zur Erreichung der Pariser Klimaziele deutlich reduzieren. Wir schätzen, dass die dafür notwendigen CO2-Preise im globalen Durchschnitt um 68 Prozent sinken würden.
Rund ein Drittel aller Länder – darunter große Emittenten wie China, Indien und Indonesien – könnte allein durch Subventionsabbau die eigenen Klimaziele erfüllen und bräuchte keine zusätzlichen Maßnahmen wie eine CO2-Bepreisung.
In weiteren Industrienationen, darunter Deutschland, die USA, Japan und Großbritannien, könnte ein umfassender Subventionsabbau bereits über 30 Prozent der Klimaziele erfüllen.
Des Weiteren erhöht die Kombination aus CO2-Bepreisung und Bepreisung von lokalen externen Kosten die Wohlfahrtseffekte um durchschnittlich 120 Prozent oder 1,7 Prozentpunkte. Der Grund dafür ist, dass die Bepreisung von CO2 zwar ein kosteneffizienter Weg zur Erreichung des Klimaziels ist (globale Externalität), die lokalen Externalitäten der Nutzung fossiler Brennstoffe dabei aber nicht berücksichtigt werden.
In Ländern, in welchen die Einhaltung der Klimaziele allein durch die Abschaffung von Subventionen zu gewährleisten ist, ist eine weitere Klimapolitik daher bis 2030 nicht notwendig. Für Länder, die ihre Klimaziele nicht allein durch die Abschaffung von Subventionen erreichen, erhöht die Kombination der Maßnahmen die Wohlfahrt im Vergleich zur alleinigen Bepreisung von CO2-Emissionen.
Auf globaler Ebene würde die gleichzeitige Abschaffung impliziter und expliziter Subventionen für fossile Brennstoffe die globalen CO2-Emissionen um 32 Prozent reduzieren und gleichzeitig den globalen Wohlstand um 2,4 Prozent erhöhen. Insbesondere die Adressierung und Bepreisung von lokaler Luftverschmutzung würde bereits einen Großteil dieser Reduktion ausmachen (26 Prozent). Eine Reduktion dieser Größenordnung würde die Weltgemeinschaft auf dem Weg, das im Pariser Abkommen festgelegte 2°Ziel zu erreichen, erheblich voranbringen.
Fazit
Eine Energiepolitik, die explizite und implizite Subventionen fossiler Brennstoffe gezielt abbaut, bietet erhebliches Potenzial auf drei zentralen Ebenen: Sie reduziert signifikant die Treibhausgasemissionen, erhöht die ökonomische Wohlfahrt und generiert beträchtliche fiskalische Einnahmen.
Da der Abbau fossiler Subventionen im ökonomischen Eigeninteresse eines Landes liegt, bietet dieser Ansatz zugleich die Möglichkeit, das Public-Good-Dilemma beim Klimaschutz teilweise zu umgehen: Länder profitieren selbst dann, wenn andere Staaten keinen Klimaschutz betreiben.
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