Voices of Economic Transformation: KI als Nachhaltigkeitsbooster
Die Bertelsmann Stiftung hat eine Gruppe von jungen Entscheider:innen und Gestalter:innen aus Unternehmen, Politik und Wissenschaft zusammengebracht, um sich zu Zukunftsthemen auszutauschen. Dabei sind 19 Thesenpapiere entstanden. Eine der „Voices of Economic Transformation“ und ihre Gedanken zu KI im Nachhaltigkeitskontext möchten wir Ihnen heute vorstellen.
Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz sollte sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientieren und einen echten Mehrwert schaffen, der soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Chancengleichheit fördert. Die Integration von KI in Umwelt- und Energiestrategien stellt dabei eine entscheidende Herausforderung und gleichzeitig Chance für den Umwelt- und Klimaschutz dar.
KI kann wesentlich zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen beitragen. Unter anderem, indem mit ihr wirtschaftliche Prozesse ökologisch optimiert und Ressourcen effizienter eingesetzt werden. Besonders betrifft dies die Ziele einer bezahlbaren und sauberen Energieproduktion, einer nachhaltigen Wirtschaft und eines effektiven Klimaschutzes. Gleichzeitig verbraucht Künstliche Intelligenz selbst allerdings Ressourcen und Energie.
Die Potentiale: Bessere Prozesse, besseres Verständnis
KI kann dabei helfen, Emissionen zu überwachsen und Energieeffizienz zu verbessern. Ihr Einsatz in der Energiebranche kann beispielsweise zur Entwicklung intelligenter Netzwerke beitragen, die eine nachhaltigere Energieverteilung und -nutzung fördern. Ferner kann KI Genehmigungsverfahren und behördliche Prozesse beschleunigen.
Künstliche Intelligenz kann auch maßgeblich zur Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft beitragen. Sie kann hier als Tool in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden – von Abfalltrennung in der Industrie und Remanufacturing über optimierte Lieferketten bis hin zu vorausschauender Wartung und der Etablierung einer „Sharing Economy“.
Künstliche Intelligenz hilft Unternehmen auch bei der Identifikation und Vermeidung von Risiken, die aus unzureichenden Energie- und Umwelt-Praktiken entstehen und trägt zur langfristigen Nachhaltigkeit und Resilienz der Betriebe bei. Sie kann zum Beispiel für vorausschauende Wartung eingesetzt werden.
KI hilft uns außerdem, den Klimawandel besser zu verstehen: Durch die Analyse historischer Daten erkennen KI-Systeme Muster, die zur Entwicklung von Früherkennungssystemen für Klimaveränderungen beitragen. Global gedacht kann KI so auch zum Monitoring der kritischen planetaren Ökosysteme
genutzt werden, um planetare Grenzen zu überwachen.
Die Risiken der Anwendungen
Allerdings verbraucht KI auch Energie und Ressourcen. Zwar kann sie optimierend wirken und zu Einsparungen führen – wenn die Systeme allerdings im Übermaß genutzt werden, werden diese Einsparungen zunichte gemacht. Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass sich der weltweite Stromverbrauch von KI-Rechenzentren 2026 auf bis zu 1050 Terawattstunden belaufen wird. Zum Vergleich: 2022 lag er bei 460 TWh. Zur Deckung des enormen Strombedarfs werden sogar stillgelegte Atomkraftwerke reaktiviert: Ein Beispiel ist das US-Atomkraftwerk Three Mile Island, das für Microsoft wieder ans Netz gehen soll.
Rebound-Effekte sind beim Einsatz von KI also kritisch zu betrachten. Daher muss gewährleistet sein, dass die Entwicklung nicht zulasten der natürlichen Ressourcen geht – oder zumindest einen Ausgleich schafft, indem sie etwa Kreislaufwirtschaft in ihrer Umsetzung und Effizienz unterstützt.
Mögliche Lösungsansätze
Verbräuche in Entwicklungsphasen reduzieren: Statt Modelle neu zu trainieren, sollte vermehrt auf Transferprozesse gesetzt werden, bei denen einmal trainierte große Modelle für neue Nutzungsbereiche angepasst werden.
Effizientere Modelle: Die Halbleiterherstellung wird in der Nachhaltigkeitsbetrachtung von KI oftmals ausgeklammert, obwohl hier große Mengen an Ressourcen verbraucht werden und CO2 entsteht. Der Trend zu kleineren, effizienteren KI-Modellen kann helfen, den Bedarf an Hochleistungschips zu senken.
Mehr Transparenz: Mehr Transparenz zu den Umweltauswirkungen von KI kann auch zu informierten
Entscheidungen seitens der Verbraucher:innen führen und eine nachhaltigere Nutzung fördern. Von Unternehmen sind konsequente Kosten-Nutzen-Abwägungen zu treffen. Welchen Zweck erfüllt die Anwendung und welche positiven oder negativen Umweltwirkungen gehen damit einher? Wie viel Energie und Ressourcen verbraucht die Anwendung? Wichtig ist hierbei auch eine umfassende Dokumentation.
Klare Rahmenbedingungen: Um sicherzustellen, dass KI-Systeme im Einklang mit Umwelt- und
Sozialstandards betrieben werden, sind klare und verbindliche regulatorische Rahmenbedingungen erforderlich. Internationale Standards und Richtlinien wären hier nötig. Politik und Verwaltung sollten zudem Anreize schaffen, um die Entwicklung und den Einsatz von ressourceneffizienter KI zu fördern.
Das vollständigen Thesenpapier „KI als Nachhaltigkeitsbooster“ finden Sie hier.
Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:
KI fürs Klima: Nachhaltiger Wirtschaften mit Künstlicher Intelligenz von Prof. Dr. Susanne Boll, Plattform Lernende Systeme
Was verzögert den Ausbau der Windenergie? von Prof. Dr.-Ing. Carsten Fichter und Dr.-Ing. Sandra Peters-Erjawetz, Hochschule Bremerhaven
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