KI fürs Klima: Nachhaltiger Wirtschaften mit Künstlicher Intelligenz
Die deutsche Wirtschaft soll zukunftsfest gemacht werden, heißt es in der Zukunftsstrategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das bedeute, „nachhaltig, klimaneutral, resilient und zeitgleich international wettbewerbsfähig“ zu bleiben.
Einen wesentlichen Beitrag zu diesen Zielen kann Künstliche Intelligenz leisten. KI-Systeme eröffnen Unternehmen die Chance, mit neuen Geschäftsmodellen eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft anzustoßen, insbesondere in emissionsstarken Branchen wie Verkehr, Landwirtschaft und Energie.
Dabei sollte allerdings immer der Ressourcenverbrauch der KI-Anwendungen und die Grenzen der Systeme mitberücksichtigt werden.
Ressourcenverbrauch berücksichtigen
Zunehmende Ressourcenknappheit und die voranschreitende Klimakrise erfordern eine Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr Resilienz und Nachhaltigkeit. Der Einsatz von KI-Systemen kann helfen, diesen nachhaltigen Wandel zu gestalten. Insbesondere in emissionsstarken Sektoren wie dem Verkehr oder der Land- und Energiewirtschaft bestehen große Potenziale.
Durch KI-gestützte Prozess- und Produktionsoptimierung können branchenübergreifend sowohl kleine als auch große Unternehmen von einer höheren Material- und Energieeffizienz profitieren, wie das Whitepaper „Mit Künstlicher Intelligenz zu nachhaltigen Geschäftsmodellen“ des KI-ExpertInnen-Netzwerks Plattform Lernende Systeme zeigt.
KI-gestützte Prozess- und Produktionsoptimierung
Durch den KI-Einsatz können nicht nur die betrieblichen Abläufe, sondern auch die Gesamtnachhaltigkeit von Unternehmen auf unterschiedliche Weise verbessert werden.
Notwendig ist dafür, dass die im Rahmen dieser Prozesse generierten Daten erfasst werden und von angemessener Qualität sind. Besonders bei großen Datenmengen können KI-Systeme einen hohen Nutzen bringen, da sie erkennen können, wo Einsparungspotenziale in den Prozessschritten vorhanden sind. Dies ermöglicht eine effektive Reduktion des Materialverbrauchs sowie des Energieaufwands.
Auch unterstützt Künstliche Intelligenz eine vorausschauende Wartung. Dabei erkennt das KI-System, welche Geräte gewartet werden müssen, bevor sie vollständig ausfallen oder nur noch mit erhöhtem Energieaufwand betrieben werden können.
Um tatsächlich einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten, müssen jedoch die sogenannten Rebound-Effekte verhindert werden.
Prof. Dr. Susanne Boll
Eingesparte Ressourcen sollten nicht an anderer Stelle wieder verwendet werden, da Emissionen und Ressourcenverbrauch des Gesamtunternehmens somit gleichblieben.
Nachhaltige Verkehrs- und Energiewirtschaft mit KI-Anwendungen
Ein Sektor mit großen Einsparungspotenzialen ist der Verkehr. KI-Systeme können etwa Verkehrsflüsse prognostizieren und das Verkehrssystem damit intelligenter und nachhaltiger gestalten, wie das Anwendungsszenario „Intelligent vernetzt unterwegs“ der Plattform Lernende Systeme zeigt.
Intelligente Reiseassistenten können Hinweise geben, wie Staus durch den flexiblen Umstieg auf andere Verkehrsmittel umgangen werden können, wodurch Ziele schneller erreicht und Emissionen eingespart werden. Ein zentrales Problem für die Optimierung des Verkehrssektors besteht allerdings noch in der mangelnden Datenverfügbarkeit in diesem Bereich.
Im Energiesektor können KI-Systeme insbesondere für Prognosen herangezogen werden: Sie können Wetter- und Verbrauchsdaten analysieren und vorhersagen, welche Menge an Strom zu einer gewissen Tageszeit aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt und welche benötigt wird. Damit kann bei einem zu hohen wie zu geringerem Strombedarf vorausschauend reagiert werden.
Darüber hinaus können KI-Anwendungen die intelligente Steuerung sogenannter Smart Grids übernehmen. Smart Grids sind Netzwerke aus dezentralen Energieerzeugern, die Energie auf optimale Weise vom Erzeuger zum Verbraucher bringen. Diese Netzwerke sind besonders kompatibel mit den Besonderheiten erneuerbarer Energiequellen, da Ausfälle kleinerer Einheiten der Energieerzeugung durch andere Einheiten ausgeglichen werden können.
Neben der Steuerung der Smart Grids können KI-Systeme auch zum Schutz der Energieinfrastruktur eingesetzt werden: Sie erkennen angreifende Hacker-Systeme automatisch und machen sie unschädlich.
KI für eine ökologischere Landwirtschaft
Auch in der Landwirtschaft können KI-Systeme eingesetzt werden, um Ressourcen einzusparen, den Treibhausgasausstoß zu verringern und die Natur zu schonen. Sowohl bei der Bewässerung als auch beim Düngen von Feldern ermöglicht KI einen bedarfsgerechten Einsatz. Somit wird Wasser und Dünger nur in dem Umfang und in den Bereichen eines Feldes genutzt, in denen sie tatsächlich benötigt werden. So wird Wasser gespart und die Belastung der Umwelt durch Düngemittel reduziert. Durch KI-Roboter, die Unkraut von den angebauten Pflanzen unterscheiden und entfernen, kann zum Teil sogar ganz auf Düngemittel verzichtet werden.
Ebenso wie im Verkehr sind auch in der Landwirtschaft die notwendigen Daten noch nicht immer in ausreichendem Maße verfügbar. Die Plattform Agri-Gaia ist eine wichtige Initiative, die dieses Problem angeht. Sie schafft ein offenes KI-Ökosystem für die Agrar- und Ernährungsindustrie, das den reibungslosen Austausch von Daten ermöglichen soll. Verschiedene Akteure aus Lebensmittelwirtschaft, Landtechnik und KI-Entwicklung kooperieren in dem Ökosystem.
Der Beitrag von KI-Systemen zur Circular Economy
KI-Systeme können nicht nur dabei helfen, Wirtschaftsbereiche nachhaltiger zu gestalten, sondern auch eine Unterstützung bieten, die Art unseres Wirtschaftens selbst zu transformieren.
Das Ziel der Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist es, die Interessen von gesellschaftlichen Akteuren in Einklang zu bringen und Wirtschaft, Nachhaltigkeit und soziale Aspekte zu vereinen. KI-Systeme können bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, beispielsweise im Bereich Product-as-a-Service oder Leasing, helfen. Sie können auch bei der Entwicklung von für die Kreislaufwirtschaft geeigneten Produkten und Materialien durch schnelles Prototyping und Testen unterstützen.
Die Kreislaufwirtschaft stellt jedoch auch eine logistische Herausforderung dar, da Produkte und Materialien anders als in der linearen Wirtschaft betrachtet und behandelt werden müssen. Hier können KI-Systeme helfen, indem sie beispielsweise bei der Optimierung von Prozessen wie dem Sortieren und Zerlegen von Produkten, der Wiederaufbereitung oder dem Recycling unterstützen. KI-basierte Bilderkennungsverfahren können auch in der Abfallentsorgung eingesetzt werden, um beispielsweise den Heizwert des Abfalls zu prognostizieren und eine effiziente Verbrennung zu ermöglichen.
Herausforderungen für den KI-Einsatz
Bei all den Chancen, die KI bietet, sollte man sich jedoch immer vor Augen halten, wo die Technologie an ihre Grenzen stößt und welche Herausforderungen mit ihrer Nutzung einhergehen.
KI-Systeme weisen oft selbst einen hohen Energieverbrauch auf, da große Datenmengen für das Training benötigt werden, um eine hohe Genauigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.
Prof. Dr. Susanne Boll
Für eine effiziente und damit nachhaltigere Nutzung der Anwendungen gibt es verschiedene Ansätze.
- So sollte bereits im Vorfeld kritisch hinterfragt werden, ob das Training eines KI-Systems wirklich erforderlich ist und welche Genauigkeit für den Anwendungszweck notwendig ist. Eine Erhöhung der Trefferquote um wenige Prozentpunkte kann bereits erhebliche Ressourcen erfordern.
- Zudem sollten die zum Training genutzten Daten eine hohe Qualität aufweisen, sodass das KI-System mehrfach genutzt werden kann.
- Transfer Learning kann dabei helfen, Ressourcen zu sparen, indem bereits vortrainierte KI-Systeme wiederverwendet und lediglich verfeinert werden.
- In manchen Fällen kann auch die Abwärme von Rechenzentren weiterverwendet werden, um auch überschüssige Energie nutzbar zu machen.
Fazit
Eine verantwortliche Nutzung von Künstlicher Intelligenz kann die Gesellschaft unterstützen, mit den globalen Herausforderungen für Klima und Umwelt umzugehen. KI-Anwendungen können auf vielfältige Weise Ressourcen und Emissionen einsparen – sei es im Energiesektor, der Mobilität oder der Landwirtschaft.
Der Energieaufwand für das Training der Systeme muss allerdings stets im Blick behalten werden und sorgfältig mit dem Nutzen des Einsatzes abgewogen werden. Dann kann KI einen echten Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten.
Weitere Informationen finden Sie unter: Plattform Lernende Systeme (2022): Mit Künstlicher Intelligenz zu nachhaltigen Geschäftsmodellen und Plattform Lernende Systeme (2020): Anwendungsszenario „Intelligent vernetzt unterwegs“.
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