Start-up Green City Solutions: „Müssen Erfolgsstorys größer erzählen“

Peter SängerGreen City Solutions

In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann. 

Dieses Mal geht es um das Unternehmen Green City Solutions aus Bestensee in Brandenburg. Geschäftsführer Peter Sänger erzählte uns im Interview, warum wir grüne Erfolgsstorys größer erzählen und mehr Wandel zulassen müssen – und warum er optimistisch ist, dass das in Zukunft gelingen kann.

Herr Sänger, könnten Sie uns Ihr Produkt etwas näher erläutern?

Wir haben Moos-Module für Städte entwickelt, die dort wie eine Klimaanlage wirken. Sie sorgen verlässlich für frische und saubere Luft. Und zwar auch dort, wo man mit normaler Begrünung nicht weiterkommt. Die Module sind für verschiedene Anwendungsbereiche geeignet, sowohl für Außen als auch für Innen.

Sie beinhalten nicht nur Moos-Module, sondern auch Wasser- und Belüftungstechnologie. Dadurch sind die Komponenten zwar teurer, kommen aber auch im Sommer nahezu ohne Pflege aus. Zum Vergleich: Für 50 Watt Energie, die benötigt wird, um die Moose zu versorgen, erhalten wir eine Kühlleistung von 6.500 Watt zurück.

Wie kam es zu der Idee für Green City Solutions?  

Es hat eine Weile gedauert, hierherzukommen: Green City Solutions feiert gerade das 10-jährige Bestehen. Damals waren mein Kompagnon Liang Wu und ich noch im Studium. Doch schon da war Urbanisierung ein Thema. Zu der Zeit war ebenfalls schon klar, dass wir mit unserer Art, zu wirtschaften, an Grenzen stoßen. Wir haben versucht, diese Themen zusammenzubringen.

Wir wussten, dass 2030 etwa zwei Drittel der Menschheit in Städten wohnen wird. Und wir wussten, dass es durch den Klimawandel dort besonders heiß werden wird, weil wir in Städten verdichtete Flächen haben. Unsere Frage war also: Wie kriegen wir diesen Lebensraum klimafest? Und unsere Antwort lautete: Moos.

Das klingt so, als wäre alles ganz einfach gewesen.

Die Frage ist eher, ob man eine Wahl hat. Wir wollten mit unserer Idee nicht an ein Unternehmen herantreten. Denn wir haben keins in der Branche gefunden, das es mit dem Thema Nachhaltigkeit in unseren Augen ernst genug gemeint hat. Zu einer NGO wollten wir auch nicht. Denn wir waren uns sicher:

Ökologische Produkte müssen finanziell tragfähig sein. Nur mit wirtschaftlicher Logik kann man einen großen Impact erzeugen.

Peter Sänger

Also haben wir die Ressourcen unserer Hochschule genutzt, sind zur Gründungsberatung gegangen und haben einen Businessplan geschrieben. Wir hatten das Glück, dass wir mit diesem Businessplan ein Stipendium bekommen haben. Das hat uns geholfen, die Gründung konsequent anzugehen, weil wir nicht noch nebenbei arbeiten mussten.

Um diese Förderungen muss man sich aber natürlich kümmern – und man muss wissen, dass es sie gibt und wie sie beantragt werden. Das sind Bürokratie-Monster, die man bewältigen muss. Für die Beantragung, Durchführung und das Reporting muss man Kapazitäten freihalten.

Bei der Finanzierung kann der Staat aber nur bis zu einem gewissen Punkt helfen. Dann müssen Investoren bereit sein, an Ideen zu glauben. Und Gründer:innen sind gefragt, ihre Ideen so zu präsentieren, dass man sie in einem großen Rahmen denken kann. Da kommen viele Aspekte zusammen.

Gibt es dennoch etwas, das Sie sich bei der Gründung gewünscht hätten?

Natürlich wussten wir, dass erst einmal viel Arbeit auf uns zukommt und auch eine gewisse Unsicherheit. Aber es erschien uns als der richtige Rahmen, um genau das umzusetzen, was wir uns vorgenommen hatten. Trotzdem war es gerade am Anfang nicht leicht, Leute von unserem Produkt zu überzeugen.

In Deutschland werden Innovationen zwar groß geschrieben – wenn es dann aber tatsächlich zu welchen kommt, sind die Menschen doch eher skeptisch. Es scheint nicht unser Naturell zu sein, Wandel zuzulassen. So wird es Deutschland in Zukunft allerdings schwer in der Welt haben. Da müssen wir als Gesellschaft wieder nach vorne kommen wollen.

Daher haben wir ein großes Exportgeschäft. Aktuell haben wir viele Projekte in Großbritannien, weil Schadstoffe und Feinstaub in der Luft dort einen ganz anderen Stellenwert haben als in Deutschland. Es ist einfach klar, dass es dadurch zu Todesopfern kommen kann. Auch in Osteuropa wird das Thema groß, da man dort ebenfalls in Sachen Luftverschmutzung tätig werden muss und offen für Innovationen ist. Im Süden Europas werden wir angefragt, damit die Hitze in den Städten verringert werden kann.

Welche Potentiale sehen Sie in Zukunft für Green City Solutions?

Unser Ziel ist es, den wachsenden Teil von konventionellen Klimaanlagen durch Moos-Klimaanlagen zu ersetzen. Und die Rahmenbedingungen sind gut, um unser Geschäft weiter auszubauen. Mit dem European Green Deal wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen klar Richtung Nachhaltigkeit verschoben. Das sehen wir nun langsam auch im deutschen Recht.

Was aber noch viel wichtiger ist: Ich denke, die Menschen begreifen mehr und mehr, wie sich das Klima wandelt. Wie schnell und wie nah diese Veränderungen dann doch sind. Wenn am Wochenende nicht 30, sondern 40 Grad angesagt sind, ist das nur bis zu einem gewissen Punkt ein schönes Gefühl. Viele verstehen, dass dies Dimensionen sind, die bedenklich sind und denen man sich nicht entziehen kann.

Auch Unternehmen und Branchen begreifen, dass Nachhaltigkeit ein Erfolgsfaktor der Zukunft sein wird und man sich damit beschäftigen muss. Daher sehen wir mittlerweile vermehrt Entscheidungen, die das Thema ernst nehmen und ganzheitliche Mittel und Konzepte in den Fokus nehmen.

Welche Hindernisse sehen Sie für Ihre Planungen, z.B. durch aktuelle staatliche Rahmenbedingungen?

Ich versuche, nicht so viel auf die Politik zu schimpfen, weil es immer das Einfachste ist. Und weil mir klar ist, wie viele Interessen miteinander konkurrieren. Außerdem finde ich, dass sich gerade im Start-up-Bereich viel getan hat. Momentan haben wir bei den Gründungen zwar rückläufige Zahlen, aber auch das ist, glaube ich, ganz normal.

Was wir uns aber wünschen: Umweltschutz und Transparenz müssen noch mehr bei den Preisen berücksichtigt werden. Nachhaltigkeit darf kein Luxusartikel sein, während die nicht-nachhaltige Alternativen billig bleiben. Da sehen wir nun schon in Ansätzen, dass die Rahmenbedingungen vom Staat richtig gesetzt wurden.

Natürlich müssen wir aber auch bedenken, dass es nicht für alle Unternehmen möglich ist, sich von heute auf morgen umzustellen. Gerade in Branchen, in denen es harte Preiskämpfe gibt und jeder Cent zählt. Für diese Branchen muss man Lösungen finden. Diese Lösung kann aber nicht sein, Subventionen zu zahlen, um nicht-zukunftsfähige Geschäftsmodelle am Leben zu halten, weil Arbeitsplätze daran hängen.

Was denken Sie, ist generell notwendig, damit wir in eine nachhaltigere Wirtschaft kommen?

Ich denke, dass es mehr Vorbilder geben muss. Die zeigen, dass es sich lohnt, nachhaltige und soziale Aspekte mitzudenken. Es gibt viele Erfolgsstorys, aber sie müssten größer erzählt werden, damit sie ganze Branchen aufrütteln. Da muss man das Thema immer wieder aufs Tableau bringen. Verbände und Interessengruppen müssen sich Gehör verschaffen. Und zeigen: Nachhaltigkeit muss in Unternehmen verankert sein, damit sie zukunftsfähig bleiben. Mittlerweile sehen wir Bankhäuser, die Finanzierungen nur vergeben, wenn Nachhaltigkeit mitgedacht wurde. Das ist ein guter Schritt.

Ich habe sehr große Hoffnungen, dass wir das Thema vorantreiben können. Ich bin nun zehn Jahre im Geschäft und sehe mittlerweile viele frische Gesichter, die einen ganz anderen Bezug zu Nachhaltigkeit haben. Auch in vermeintlich verstaubten Amtsstuben werden ganz neue Kräfte frei, weil sich die Menschen darum scheren, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

Die Frage ist nur, ob wir den Wandel schnell genug hinbekommen.  Daher müssen wir den Diskurs um das Thema Nachhaltigkeit auch versachlichen. Sonst nimmt die Transformation zu viel Zeit in Anspruch. Und Zeit ist etwas, das wir nicht haben.  

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Wie unternehmerische Verantwortung auf Mitarbeitende wirkt von Dr. Irmela Koch-Bayram, Universität Mannheim

Transformation: Der Blick auf CO2 allein genügt nicht von Dr. Dominik Stolzenburg, Technische Universität Wien

Installion GmbH: „Wir brauchen eine Klimagründer-Generation“ mit Florian Meyer-Delpho, Installion GmbH



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