CO2 einfangen und speichern – fünf Technologien

Die Schweiz hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen. Dabei sollen die Emissionen so stark wie möglich reduziert werden. Verbleibende, schwer vermeidbare Rest-Emissionen sollen durch sogenannte „negative Emissionen“ ausgeglichen werden. Diese negativen Emissionen werden erzielt, indem CO2 der Atmosphäre entzogen und langfristig gespeichert wird.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) rechnet 2050 mit einem Bedarf von ca. 7 Millionen Tonnen CO2 negativen Emissionen, um die dann noch verbleibenden Emissionen, z.B. aus der Landwirtschaft oder Industrie, auszugleichen (Abbildung 1).

Abbildung 1: Verbleibende Emissionen 2050 und die be-nötigte Menge an CO2-Vermeidung und –Entfernung, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Quelle BAFU.

Chancen und Grenzen der CO2-Entnahme und -Speicherung

Trotz der wichtigen Rolle von negativen Emissionen für das Erreichen des Netto-Null-Ziels bestehen noch viele offene Fragen zum Einsatz verschiedener Negativemissionstechnologien (NET), die in Betracht gezogen werden.

Einige dieser Verfahren sind in der Praxis noch unerprobt, technisch komplex, kostspielig oder derzeit nicht in großem Maßstab einsetzbar. Darüber hinaus ist das Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen von NET in der breiten Bevölkerung noch begrenzt. Aus diesem Grund haben Forschende des Öko-Instituts und der Empa im Auftrag der TA-SWISS fünf für die Schweiz relevante NET unter Einbezug der Expertise weiterer Fachleute evaluiert.

Die Studie der TA-SWISS zielt darauf ab, Politik und Öffentlichkeit über die Chancen, Grenzen und Risiken verschiedener Methoden zur CO2-Entnahme und -Speicherung zu informieren. Dabei wurden Aspekte wie Machbarkeit, Klimawirksamkeit, Kosten, Ressourcenverbrauch und Auswirkungen auf die Umwelt und die Bevölkerung betrachtet.

Negativemissionstechnologien

Die fünf betrachteten Negativemissionstechnologien (siehe Abbildung 2), sind:

  • CO2-Bindung durch Fotosynthese und Speicherung in Biomasse in Form von Holz mittels Waldmanagement Aufforstung und natürliche Wiederbewaldung (Vergandung) sowie Holzverwendung.
  • CO2-Bindung und –Speicherung in Form von Humus durch gezieltes Bodenmanagement (z. B. Ansätze der konservierenden Landwirtschaft oder Agroforstsysteme) und Einsatz von
  • Bioenergienutzung mit CO2-Abscheidung und –Speicherung (Bio Energy Carbon Capture and Storage, kurz BECCS), eine Kombination aus energetischer Nutzung von Biomasse und anschließender CO2-Abscheidung aus dem Abgas und -Speicherung.
  • Direkte CO2-Abscheidung mittels Sorptionsmittel und Speicherung (Direct Air Carbon Capture and Storage, kurz DACCS).
  • Bindung von CO2 durch technisch beschleunigte Carbonatisierung von Silicatgestein oder zementhaltigen Produkten wie Beton.
Illustration der fünf Negativemissionstechnologien: (von links nach rechts) Waldmanagement und Holzverwendung, Bodenmanagement und Pflanzenkohle, BECCS, DACCS, beschleunigte Carbonatisierung. Quelle: TA-SWISS 2023

Die wichtigsten Empfehlungen

Auf der Grundlage von Literaturrecherche, Online-Befragung von Stakeholdern und Tiefeninterviews wurden allgemeine und technologiespezifische Handlungsoptionen und Empfehlungen abgeleitet und bei einem Workshop mit den Stakeholdern konsolidiert. Die wichtigsten allgemeinen Empfehlungen der Studie sind:

Reduktion von CO2: NET können beim Erreichen des Netto-Null-Ziels nur ergänzend zur prioritären Reduktion der Treibhausgasemissionen zum Einsatz kommen. Daher ist es wichtig, dass für die Reduktion von CO2-Emissionen und für die nachträgliche CO2-Entfernung getrennte Ziele gelten.

Informationen: Damit der Beitrag von NET zum Netto-Null-Ziel umwelt- und gesellschaftsverträglich umgesetzt werden kann, sollten sich Politik und Gesellschaft frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen. Dies erfordert insbesondere, dass die Öffentlichkeit mittels faktenbasierter und nachvollziehbarer Informationen in die Gestaltung der Einsatzbedingungen der NET einbezogen wird.

Strategie zur Ressourcennutzung: Es braucht eine übergreifende Strategie zur Nutzung begrenzter Ressourcen wie erneuerbarer Energie, Wasser, Biomasse und Boden.

Forschung: Um das realistisch umsetzbare Potential der unterschiedlichen NET zu bestimmen, sind weitere Untersuchungen nötig.

Finanzierung: Die Finanzierung der Entwicklung und Umsetzung von NET soll frühzeitig geklärt werden, damit sie möglichst verursachergerecht getragen werden kann. Die langfristig der Atmosphäre entzogene Menge an CO2 muss transparent und einfach erfasst werden können, um einen verlässlichen Bewertungsrahmen zu schaffen und zu vermeiden, dass dasselbe CO2 mehrmals gezählt wird.

Mindestdauer: Die Mindestdauer der CO2-Fixierung, ab welcher eine Technologie bzw. ein NET-Projekt im Sinne der Klimastrategie anerkannt wird, sollte konkretisiert werden.

Zusammenarbeit notwendig

Für die Umsetzung der NET ist die Zusammenarbeit der relevanten Akteurinnen und Akteure aus Regierung, Verwaltung, Wissenschaft und Unternehmen notwendig. Der Bund trägt eine besondere Verantwortung für die Weiterentwicklung und Implementierung der NET, da diese einen wichtigen Beitrag zum Netto-Null-Ziel der Schweiz leisten sollen.

Die genaue Ausgestaltung und Implementierung der NET in der Schweiz ist nicht vordefiniert. Die technologische Entwicklung sowie der gesellschaftliche Diskurs sind dynamische Prozesse, die eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem Thema und eine aktive Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen bedingen.

Die im Bericht entwickelten Empfehlungen und Maßnahmen können hierbei einen Beitrag leisten. In Übereinstimmung mit der langfristigen Klimastrategie des Bundes, welche die Vorrangstellung der Emissionsvermeidung betont, muss die Priorität klar auf der Reduktion der Treibhausgasemissionen liegen.

Die Nutzung von NET als ergänzende Option zur Erreichung des Netto-Null-Ziels sollte nicht von den Bemühungen zur Emissionsvermeidung ablenken.

Martin Cames (Öko-Institut) und weitere Autoren

Trotzdem ist es wichtig, die bereits jetzt die technologische Entwicklung der NET zu intensivieren ,damit sie nach weitgehender Reduzierung der THG-Emissionen um 2050 so weit verfügbar sind, um die schwer vermeidbaren Emissionen auszugleichen.

Weitere Informationen sind in der Studie „Chancen und Risiken von Methoden zur Entnahme und Speicherung von CO2 aus der Atmosphäre“ zu finden. Die TA-SWISS Kurzfassung und weitere Informationen lesen Sie hier.

Dieser Artikel erschien zuerst in: UMWELTTECHNIK Ausgabe 04/2023; Seite 25: „CO2 einfangen und speichern: Fünf Technologien auf dem Weg zu Netto-Null“ von Björn Niesen (Empa), Martin Cames (Öko-Institut) & weiteren

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Mehr staatliche Unterstützung für CO2-Beseitigung von Dr. Max Franks (PIK), Prof. Dr. Matthias Kalkuhl (Uni Potsdam) und Dr. Kai Lessmann (PIK)

Aus Abgas wird Rohstoff: Carbon Capture and Utilization mit Dr. Christoph Rameshan (Montanuni Leoben)

Eine Klimaallianz zur CO2-Bepreisung von Prof. Dr. Sonja Peterson, Institut für Weltwirtschaft Kiel



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