Welche Rolle regionale Kreditinstitute für die Transformation von KMU spielen
Der Mittelstand ist die Stütze der deutschen Wirtschaft und ein wesentlicher Treiber für Innovation, Beschäftigung und Wachstum. Angesichts globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit ist eine nachhaltige Transformation des Mittelstands von entscheidender Bedeutung für die Transformation der deutschen Wirtschaft und damit der Gesellschaft insgesamt.
Die Frage der Finanzierung spielt hierbei eine zentrale Rolle. In den Jahren 2022 und 2023 haben rund 35 Prozent der KMU nachhaltige Investitionen extern finanziert, insbesondere mithilfe von Krediten und Fördermitteln. Regionale Kreditinstitute nehmen hier eine Schlüsselposition ein.
Grundsätzlich wird der Kreditwirtschaft, obwohl als Dienstleistungsunternehmen selbst weniger ressourcenintensiv, von der Öffentlichkeit, Politik und Aufsicht eine wichtige Rolle im Nachhaltigkeitskontext zugeschrieben.
Welche Rolle die Kreditwirtschaft für mehr Nachhaltigkeit spielt
Der 2018 erarbeitete „EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ sieht im Beitrag des Finanzsystems einen bedeutsamen Teil der Lösung für eine umweltverträglichere und nachhaltigere Wirtschaft. Aus der Aufgabenzuordnung des EU-Aktionsplans lassen sich zwei Betrachtungsweisen zur Rolle der Kreditwirtschaft im Nachhaltigkeitskontext ableiten:
Outside-In-Betrachtung: Sie beschreibt, wie Nachhaltigkeitsaspekte „von Außen“ auf die Geschäftsprozesse einwirken. Dazu gehört beispielsweise die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in das Risikomanagement der Kreditinstitute.
Inside-Out-Sicht: Sie ist eine Betrachtung der Wirkung der Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte und beinhaltet im Kern den Beitrag der Kreditwirtschaft zur Finanzierung nachhaltiger Investitionen, was mit dem Begriff „Lenkungswirkung des Kapitals“ umschrieben wird.
Wie sich Nachhaltigkeitsziele in der Kreditwirtschaft niederschlagen
Zur Ausrichtung einer nachhaltigen Geschäftspolitik in der Kreditwirtschaft gibt es internationale Rahmenwerke. Die Principles for Responsible Banking (PRB) können hier als Standard gelten. Sie verpflichten Kreditinstitute, ihre Geschäftsstrategien auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele, das Pariser Klimaabkommen und weitere gesellschaftliche Ziele auszurichten.
Ferner schlagen sich gesellschaftliche Ziele meist auch im Geschäftszweck der Banken nieder, welcher durch die Satzung der Kreditinstitute oder per Gesetz festgelegt wird.
Lenkungsinstrumente für mehr Nachhaltigkeit
Die Kreditwirtschaft kann verschiedene Instrumente einsetzen, um Kapitalströme hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise zu lenken. Dazu gehören:
- Angebot nachhaltiger Anlageprodukte und nachhaltige Eigenanlagen: Durch nachhaltige Anlageprodukte und Eigenanlagen sollen nachhaltig aufgestellte Unternehmen Mittel für weitere Investitionen erhalten.
- Kapitalrationierung: Kreditinstitute können durch Ausschlusskriterien bei der Kreditvergabe Einfluss nehmen und nicht-nachhaltige Projekte oder Geschäftstätigkeiten einschränken.
- Preisdifferenzierung: Bessere Finanzierungskonditionen für nachhaltige Projekte und Unternehmen sollen diese fördern.
- Engagement: Bedeutende Kapitalgebende können direkten Einfluss auf die Geschäftspolitik von Unternehmen nehmen, um eine nachhaltigere Ausrichtung zu fördern.
Messung der Nachhaltigkeitsleistung von KMU
Um eine Lenkungswirkung des Kapitals entfalten zu können, ist es erforderlich, die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen und Investitionsprojekten bewerten zu können. In Bezug auf den Mittelstand spielen regionale Kreditinstitute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken eine zentrale Rolle. Sie pflegen eine enge Geschäftsbeziehung zu regionalen KMU und kennen das wirtschaftliche und soziale Umfeld ihrer Kundschaft.
Doch eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeitsrisiken und -leistungen bleibt komplex. Denn es existieren zahlreiche konkurrierende Definitionen und Methoden zur Bewertung von Nachhaltigkeit, was die Vergleichbarkeit erschwert. Externe ESG-Ratings bieten zwar eine Möglichkeit zur Beurteilung der Nachhaltigkeitsleistung, sind jedoch oft nicht vergleichbar und verursachen hohe Kosten.
Datenerhebung für KMU oft eine Herausforderung
Prüfkriterien zur Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen lassen sich beispielsweise auf Basis der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele oder der EU-Taxonomie-Verordnung entwickeln. Bei der Taxonomie handelt es sich um einen Klassifizierungsrahmen für wirtschaftliche Tätigkeiten mit Kriterien zur Bewertung, ob Wirtschaftstätigkeiten ökologisch nachhaltig sind. An dieser Taxonomie richten sich große Unternehmen aus, die verpflichtet sind, eine standardisierte und umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung durchzuführen.
Für die überwiegend kleinen und mittleren Unternehmen liegen solche Nachhaltigkeitsinformationen in der Regel nicht vor, was die Ermittlung zur Herausforderung macht. Neben eigenen Prüfprozessen können regional tätige Kreditinstitute häufig durch langjährige Finanzierungsbeziehungen auf vorliegende Daten zurückgreifen. Sie speisen diese in eigene Bewertungsmodelle ein und können so den Erhebungsaufwand für KMU geringhalten.
Interessenkonflikten entgegenwirken
Zur Lenkungswirkung ist neben der Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung ein Finanzierungsrahmenwerk erforderlich, das mögliche Ausschlusskriterien der Kreditvergabe definiert und die Konditionengestaltung bei der Vergabe „grüner“ Kredite zur Unternehmens- und Projektfinanzierung regelt. Bei der Anwendung von Ausschlusskriterien ergeben sich allerdings gerade für Sparkassen und Genossenschaftsbanken mögliche Interessenkonflikte, da ihre Geschäftstätigkeit an die Interessen und Bedürfnisse der Region bzw. der Mitglieder auszurichten ist.
Eine Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen durch Finanzierung der Transformation ist jedoch zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen häufig besser geeignet als eine pauschale Ablehnung von Finanzierungen. Die Unterstützung der Transformation steht auch im Einklang mit den satzungsmäßigen und gesetzlich verankerten Geschäftszwecken von Genossenschaftsbanken und Sparkassen.
Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:
Transformation von KMU: Steuerliche Instrumente verbessern von Armando García Schmidt und Dr. Marcus Wortmann, Bertelsmann Stiftung
Der Mittelstand im Klimawandel von Dr. Markus Rieger-Fels und Dr. Susanne Schlepphorst, IfM Bonn
CO2-Bilanzierung: Anforderungen in der Unternehmenspraxis von Dipl.-Wirt.Ing. Olaf Eisele, ifaa
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