Transformation von KMU: Steuerliche Instrumente verbessern

Armando García SchmidtBertelsmann Stiftung
Dr. Marcus WortmannBertelsmann Stiftung

Die Erwartungen an den deutschen Mittelstand sind groß: Digital und innovativ, ressourcenschonend und CO2-neutral soll das Rückgrat unserer Wirtschaft sein. Während die vielen Krisen gerade kleinen und mittleren Unternehmen derzeit das Leben schwer machen, arbeiten viele bereits intensiv an einem Umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit.

Doch das braucht auch den Staat. Dieser muss einen widerspruchsfreien Rahmen und effektive Anreize für die Transformation setzen. Steuerliche Instrumente erfüllen diesen Anspruch heute nicht. Sie setzen vielfach Fehlanreize und hemmen Innovationen im Bereich nachhaltiger Technologien.

Damit insbesondere der Mittelstand die Nachhaltigkeitstransformation bewältigen kann, braucht es Reformen. Jüngst hat der BDI mit Vorschlägen für neue steuerpolitische Maßnahmen die notwendige Diskussion dazu eingeleitet. Auch ein aktuelles Gutachten des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt Reformbedarf in Sachen Steuerpolitik.

Herausforderungen für KMU 

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) machen das Gros der deutschen Wirtschaft aus, bieten gute Arbeitsplätze auch abseits urbaner Zentren. Gerade sie werden im Übergangsprozess hin zu einer klimaneutralen und ressourcenschonenden Wirtschaft gefordert, wenn Deutschland seine mittelständisch geprägte und dezentrale Wirtschaftsstruktur erhalten möchte.

Doch gerade sie sind derzeit auch vor dem Hintergrund diverser Krisen und Megatrends in Bedrängnis: Neben dem allgemeinen Digitalisierungs- und Wettbewerbsdruck sehen sie sich steigenden Zinsen und Kosten, fragilen internationalen Lieferketten und einem eklatanten Fachkräftemangel gegenüber.

Ein erfolgreiches Umsteuern in Richtung Nachhaltigkeit wird nur gelingen, wenn der Staat über akute Hilfsmaßnahmen hinaus den fiskalischen Rahmen und entsprechende Anreize richtig setzt. Alle staatlichen Instrumente müssen dazu zielgerichtet, effektiv und möglichst widerspruchsfrei eingesetzt werden.

Nur so kann sich die gewünschte Steuerungswirkung entfalten und die Unternehmen notwendige Planungssicherheit erhalten. Dies ist auch die Voraussetzung dafür, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands mit seiner entscheidenden Rolle für Beschäftigung und Wohlstand in einer transformierten Wirtschaft zu erhalten.

Gerade der deutsche Mittelstand braucht stärkere und vor allem zielgerichtete Investitionsanreize, damit die Transformation hin zur Nachhaltigkeit in Gang kommt.

Armando García Schmidt

Das FÖS hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung wesentliche aktuelle steuerliche Instrumente untersucht. Zwei Fragen standen dabei im Vordergrund.

  1. Wird die intendierte Lenkungswirkung für die Nachhaltigkeitstransformation wirklich erzielt?
  2. Inwiefern tragen die Regelungen der besonderen Rolle und den spezifischen Anforderungen kleinerer und mittlerer Unternehmen Rechnung?

Widersprüchliche Steuerpolitik

Das Gutachten kommt für die drei untersuchten Bereiche zu folgenden Ergebnissen:

1. Preisbestandteile inkohärent ausgestaltet

Im Energiebereich sind staatlich regulierte Preisbestandteile, wie die Strom- und Energiesteuer, der nationale Emissionshandel und auch die damit verbundenen Ausnahmetatbestände inkohärent ausgestaltet. So unterscheidet etwa die Stromsteuer nicht nach Qualität des Stroms (grün oder grau). Und die Energiesteuer weist teilweise niedrigere Besteuerungsraten für emissionsintensivere Energieträger aus.

Fehlanreize sind die Folge, die zu einem doppelten Nachteil führen: Sie hemmen Innovationen von Unternehmen im Bereich energieeffizienter und emissionsarmer Technologien. Zudem sind die vorhandenen Entlastungen aufgrund zu hoher Transaktionskosten nicht in gleichem Maße für KMU zugänglich wie für größere Unternehmen. Ungleiche Wettbewerbsbedingungen sind die Folge.

2. Kaum fiskalische Instrumente zur Ressourceneffizienz

Im Bereich der Ressourcenschonung gibt es bisher kaum fiskalische Instrumente. Dabei könnten klare Preissignale, ein starker Rahmen und gezielte Förderung die für KMU notwendigen Anreize setzen und Planungssicherheit schaffen, in mehr Ressourceneffizienz und die Entwicklung zirkulärer Wertschöpfungsmodelle zu investieren.

3. Hoher bürokratischer Aufwand

Die steuerliche Forschungszulage setzt zusätzliche Anreize für Innovation. Durch ihren aktuellen Zuschnitt zielt sie auf KMU ab. Trotz verschiedener Vorzüge und der Bemühungen um ein unkompliziertes Antragsverfahren scheint der bürokratische Aufwand dennoch KMU an der Antragsstellung zu hindern.

Die Wende hin zur Nachhaltigkeit kann nur gelingen, wenn die Lenkungsrichtung steuerlicher Instrumente eindeutig ist und keine Fehlanreize gesetzt werden.

Dr. Marcus Wortmann

Einheitliche Fiskalpolitik schaffen

Die Autor:innen der Studie haben nicht nur aktuelle fiskalische Instrumente in Deutschland bewertet. Sie haben auch europäische Beispiele fiskalischer Instrumente untersucht. Eine kohärente Fiskalpolitik sollte vor diesem Hintergrund folgende Eckpunkte aufweisen:

1. Stärkere Förderung von KMU

Insbesondere KMU sollten auf dem Weg der nachhaltigen Transformation stärker gefördert werden. Dazu bieten sich steuerliche Investitions- und Innovationsförderungen an. Die jüngst vom BDI geforderte steuerliche Investitionsprämie für Digitalisierung und Klimaschutz wäre ein solches Instrument.

Auch der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sieht die Einrichtung einer sogenannten Superabschreibung für Klimaschutz und digitale Wirtschaftsgüter vor. Details zur Ausgestaltung, beispielswiese zu einer Deckelung, die den Fokus ihres Nutzens eher auf KMU ausrichten würde, sollten rasch erarbeitet werden. Die Studie zeigt, dass es hierfür gute Beispiele und Erfahrung aus dem europäischen Ausland, wie etwa in Irland, gibt.

2. Preissignale setzen, um Ressourcenverbrauch zu minimieren

Neben der Minimierung des CO2-Ausstoßes wird es in den kommenden Jahren immer wichtiger, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu minimieren. Mit Blick auf zirkuläre Wertschöpfungsmodelle haben deutsche Unternehmen heute noch die Chance auf Technologieführerschaft, von der gerade hoch spezialisierte KMU profitieren könnten.

Neben einer noch zu schaffenden integrierten Kreislaufwirtschaftsstrategie könnte der Staat diese Transformation etwa durch eine Mengensteuer auf den Verbrauch von Primärbaustoffen unterstützen, um Preissignale zu setzen. Alternative, vor allem sekundäre Rohstoffe werden dadurch wirtschaftlicher. Investitionen und Innovation in Richtung zirkulärer Wertschöpfung würden dadurch angeregt. Auch betriebliches Ressourcenmanagement sollte steuerlich angeregt werden.

3. Sicherheit schaffen

Für die Unternehmen ist Handlungssicherheit zentral. Deswegen sollte die Lenkungswirkung der steuerlichen Instrumente in Richtung Nachhaltigkeitstransformation eindeutig und stark sein.

Das bedeutet auch, dass steuerliche Entlastungen und Ausnahmeregelungen nur dort entgegenlaufen sollten, wo dies unausweichlich ist, um etwa kurzfristig gravierende internationale Wettbewerbsnachteile für KMU zu vermeiden. Werden Entlastungen gewährt, sollten sie an Verpflichtungen geknüpft sein, die insbesondere KMU bei der Transformation helfen.

4. Forschungszulage besser auf KMU ausrichten

Die bestehende Forschungszulage solle noch zielgenauer auf die Bedürfnisse von KMU ausgerichtet werden. Ein Beispiel hierfür ist das entsprechende Förderinstrument in Großbritannien. Hier können KMU ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu 130 Prozent steuerlich geltend machen.

Zudem sollte diskutiert werden, inwieweit auch die Forschungszulage als Instrument einer richtungsweisenden Missionsorientierung eingesetzt werden könnte, indem etwa Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit klarem Bezug zur nachhaltigen Transformation – unter Beachtung der Technologieneutralität – stärker als andere Vorhaben gefördert werden. In Belgien ist bereits seit 2015 eine entsprechende Regelung in Kraft.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

KMU-Klima-Deal: Auf dem Weg zur Klimaneutralität von Prof. Dr. Jana Brauweiler et al., Hochschule Zittau/Görlitz

Unternehmerische Verantwortung und Nachhaltigkeit – welche Rolle spielen Geschäftsmodelle? von Prof. Dr. Florian Lüdeke-Freund und Tobias Froese, ESCP

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