Wasserstoff: Wie die Akzeptanz in Unternehmen erhöht werden kann
Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist ein entscheidender Schritt, um die nationalen und europäischen Klimaziele zu erreichen. Auch die deutsche Bundesregierung plant, mithilfe grünen Wasserstoffs einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.
Die Nationale Wasserstoffstrategie beschreibt eine Förderung von zahlreichen Maßnahmen zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Kernaktivitäten sind beispielsweise die Überarbeitung der Förderprogramme oder die Vertiefung der Zusammenarbeit auf EU-Ebene. Der erfolgreiche Aufbau kann jedoch nur gelingen, wenn eine breite Akzeptanz insbesondere auf regionaler und unternehmerischer Ebene geschaffen wird.
Um die Akzeptanz bei Unternehmen für den Wandel hin zu einer Wasserstoffwirtschaft gezielt fördern zu können, ist es wichtig, die genauen Einflussfaktoren zu kennen. In unserer Studie „Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger“ haben wir die Akzeptanzfaktoren für eine Wasserstoffwirtschaft untersucht. Die Studie basiert auf Unternehmensbefragungen in der Region Heilbronn-Franken sowie Interviews und einem Workshop mit Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Beratung und Forschung.
Akzeptanz als Schlüsselfaktor einer erfolgreichen Wasserstoffwirtschaft
Die Bedeutung der Akzeptanz von neuen Technologien kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Laut Studien wie der von Borg et al. (2018) ist eine erfolgreiche Einführung von Technologien nur möglich, wenn die Akzeptanz sowohl auf unternehmerischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene vorhanden ist. In Bezug auf Wasserstoff ist dies besonders wichtig, da Unternehmen ohne Akzeptanz kaum die notwendigen Investitionen tätigen und ihre Geschäftsmodelle sowie Produktionsprozesse entsprechend anpassen werden.
Unternehmen, die ihre Strategien nicht rechtzeitig auf die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 ausrichten, laufen Gefahr, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Die Notwendigkeit, die Treiber und Hürden der Akzeptanz zu kennen, wird daher zu einem zentralen Faktor für die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien.
Akzeptanzfaktoren: Soziopolitische, lokale und Marktakzeptanz
Wüstenhagen et al. (2007) haben ein Modell entwickelt, das die Akzeptanz von Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien auf drei Ebenen beschreibt: soziopolitische Akzeptanz, lokale Akzeptanz und Marktakzeptanz. Diese Dreiteilung ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Dimensionen, die auch für die Akzeptanz von Wasserstofftechnologien auf unternehmerischer Ebene relevant sind.
Abbildung 1: Akzeptanzdreieck nach Wüstenhagen erweitert mit Faktoren aus Interviews und Literatur für die Wasserstoffwirtschaft
Soziopolitische Akzeptanz
Die soziopolitische Akzeptanz bezieht sich auf die Zustimmung der Öffentlichkeit und politischer Entscheidungsträger zu Wasserstofftechnologien. Der politische Rahmen, der unter anderem durch den Green Deal der EU, das deutsche Klimaschutzgesetz und die Nationale Wasserstoffstrategie vorgegeben wird, spielt hier eine zentrale Rolle.
Um jedoch eine breite Akzeptanz zu gewährleisten, müssen klare Rahmenbedingungen geschaffen werden. Ein zentraler Faktor ist dabei die Verfügbarkeit von klimaneutralem Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Konditionen, da Unternehmen Zugang zu großen Mengen erneuerbarer Energien benötigen.
Ein weiterer Punkt ist die notwendige Infrastruktur, die den Transport und die Lagerung von Wasserstoff sicherstellt. Der Aufbau einer robusten Wasserstoff-Infrastruktur, die auch internationale Anschlussfähigkeit gewährleistet, wird als entscheidend für die Akzeptanz gesehen. Zudem sind einfache und transparente Planungs- und Genehmigungsverfahren unerlässlich, um den Umstieg auf Wasserstofftechnologien zu erleichtern.
Das Vertrauen der Unternehmen in politische Akteure und andere Marktteilnehmer ist ebenfalls ein entscheidender Akzeptanzfaktor. Eine fehlende Vertrauensbasis könnte dazu führen, dass Unternehmen zögern, in die Wasserstoffwirtschaft zu investieren, insbesondere wenn sie den Eindruck haben, dass die politischen Vorgaben nicht stabil genug sind, um langfristige Investitionen zu rechtfertigen.
Lokale Akzeptanz
Die lokale Akzeptanz bezieht sich vor allem auf die Reaktionen der Beschäftigten und anderer lokaler Stakeholder auf die Umstellung auf Wasserstofftechnologien. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielen eine Schlüsselrolle in diesem Transformationsprozess, da ihre Zustimmung und Mitwirkung entscheidend für den unternehmerischen Erfolg der Umstellung sind.
Ein entscheidender Faktor ist hier die Entwicklung von Arbeitsplätzen. Unternehmen, die durch die Umstellung auf Wasserstofftechnologien Arbeitsplätze sichern oder sogar neue schaffen können, profitieren von einer höheren Akzeptanz unter den Mitarbeitenden. Wichtig ist auch die Einbindung der Mitarbeitenden in den Transformationsprozess, da dies nicht nur zu höherer Akzeptanz, sondern auch zu einer gesteigerten Selbstwirksamkeit führen kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Informationspolitik. Mitarbeitende müssen über die Vorteile und Risiken der Wasserstofftechnologien informiert werden, um eine positive Einstellung gegenüber der Transformation zu entwickeln. Unzureichende Informationen können zu Unsicherheiten und damit zu Ablehnung führen.
Marktakzeptanz
Die Marktakzeptanz bezieht sich auf die Rezeption von Wasserstofftechnologien durch den Markt und ist eng mit wirtschaftlichen Überlegungen verbunden. Unternehmen wägen hierbei ab, ob der Einsatz von Wasserstoff langfristig rentabel ist. Ein zentraler Faktor sind dabei die Kosten. Da Wasserstofftechnologien derzeit teuer sind, spielen Förderprogramme eine wichtige Rolle, um die Investitionskosten für Unternehmen zu senken.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Planungssicherheit. Unternehmen benötigen stabile und vorhersehbare politische Rahmenbedingungen, um langfristige Investitionen in Wasserstofftechnologien zu tätigen. Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Regulierung kann dazu führen, dass Unternehmen sich gegen eine Umstellung entscheiden.
Langfristig bietet die Wasserstoffwirtschaft jedoch erhebliche Wettbewerbsvorteile. Durch die CO₂-Bepreisung und andere Maßnahmen zur Förderung klimafreundlicher Technologien könnten Unternehmen, die frühzeitig auf Wasserstoff setzen, von einem langfristigen Wettbewerbsvorteil profitieren.
Wie die Akzeptanz in Unternehmen gesteigert werden kann
Um die Akzeptanz von Wasserstofftechnologien zu fördern, ergeben sich verschiedene Handlungsempfehlungen:
Ausbau von Förderprogrammen: Diese sollten transparenter und zugänglicher gestaltet werden, um Unternehmen den Umstieg auf Wasserstoff zu erleichtern.
Stärkung der internen Kommunikation: Informationen über die Umstellung auf Wasserstofftechnologien sollten unternehmensintern klar und offen kommuniziert werden, um interne Hürden abzubauen.
Förderung von Netzwerken: Der Austausch zwischen Unternehmen, Industrie und Wissenschaft sollte intensiviert werden, um Synergien zu schaffen und die Akzeptanz für Wasserstoff zu stärken.
Diese Maßnahmen können dazu beitragen, dass Unternehmen ihre Bedenken und Unsicherheiten hinsichtlich der Umstellung auf eine Wasserstoffwirtschaft abbauen und aktiv in den Transformationsprozess eingebunden werden.
Die Akzeptanz von Wasserstoff als Energieträger ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Energiewende, wird jedoch maßgeblich von den Rahmenbedingungen aus Politik und Markt beeinflusst. Durch klare politische Vorgaben, transparente Förderprogramme und eine offene Kommunikation könnten diese Herausforderungen gemeistert werden. Der langfristige Erfolg der Wasserstoffwirtschaft hängt maßgeblich von der Bereitschaft der Unternehmen ab, in diese Zukunftstechnologie zu investieren und ihre Prozesse entsprechend anzupassen. Nur so kann der Weg zu einer klimaneutralen Gesellschaft erfolgreich beschritten werden.
Die Studie entstand im Rahmen des RegioWIN-Leuchtturmprojekts HYDROGENIUM.
Literatur
Ausfelder, F. et al (2021). 3. Roadmap des Kopernikus-Projektes P2X Phase II.
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Wüstenhagen, R., Wolsink, M. & Bürer, M. J. (2007). Social acceptance of renewable energy innovation: An introduction to the concept. Energy Policy, 35(5), 2683–2691.
Zimmermann, F., Kutz, J., Bienzeisler, B., Bernecker, T., Wolf, A., Werth, D., Haag, G., González, A. & Böhm, M. (2021). H2-Innovationslabor Heilbronn-Franken: Abschlussbericht.
Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:
Elektrifizierung oder Wasserstoff: Konkurrenz um die Energiewende? von Felix Schreyer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Energiewende in Europa: Wasserstoff- und Stromnetze kombinieren von Dr. Fabian Neumann, Technische Universität Berlin
Wasserstoffwirtschaft: Chancen und Herausforderungen für die Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft von Dr. Thieß Petersen, Bertelsmann Stiftung
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