Öffentliche Ausschreibungen: Freiwillige Standards für die Transformation nutzen
Freiwillige Standards erleichtern die Festlegung umweltbezogener Mindestanforderungen innerhalb einer Ausschreibung. Um die Anreize zur Verbesserung der Umweltfreundlichkeit nicht zu begrenzen, sollten bei der Vergabe jedoch auch Leistungen honoriert werden, die über den jeweiligen Standard hinausgehen.
Das ist das Ergebnis unserer aktuellen ZEW-Studie. Unsere Untersuchungen zeigen, dass sowohl freiwillige Standards im Allgemeinen als auch die öffentliche Beschaffung einen positiven Beitrag zur Förderung von Umweltinnovationen leisten.
Die Kombination beider Instrumente kann jedoch zu unbeabsichtigten Effekten führen. Insbesondere können starre Standards dazu beitragen, die innovationsfördernde Wirkung der Beschaffung zu behindern.
Unterschiedliche Anwendung, unterschiedliche Wirkung
Die Wirksamkeit von Beschaffungsstandards hängt stark von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Hier zeigen sich zwei deutlich verschiedene Ansätze:
Starre Anwendung: Vorgaben setzen auf die genaue Einhaltung vordefinierter Kriterien und wirken nur begrenzt innovationsfördernd. Unternehmen orientieren sich an den Mindestanforderungen, ohne Anreize für darüber hinausgehende Innovationen zu schaffen.
Flexible Anwendung: Standards dienen als Mindestanforderung, die übertroffen werden kann und soll. Große Umweltfortschritte werden belohnt und regen so Innovationen an.
Effekte einer starren Anwendung scheinen zu überwiegen
Derzeit existieren keine Daten, um die detaillierten Wirkungen der beiden Anwendungen zu messen. Die verfügbaren Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass die Effekte einer starren Anwendung von Standards überwiegen und die innovationsfördernde Wirkung der öffentlichen Beschaffung begrenzen.
Im Mittel zeigt sich, dass eine hohe Bedeutung freiwilliger Standards für ein Unternehmen die positive Wirkung öffentlicher Vergabekriterien auf seine Einführung umweltfreundlicherer Produkte und Dienstleistungen abschwächt.
Unterschiedliche Effekte je nach Innovationstyp
Besonders aufschlussreich sind die unterschiedlichen Ergebnisse der Studie je nach Art der betrachteten Umweltinnovation:
Innovationen mit starker Verbesserung der Umweltfreundlichkeit: Hier zeigt sich i) die positive Wirkung von Vergabekriterien und freiwilligen Standards im Einzelnen, aber ii) auch die limitierende Wirkung einer starren Verwendung von Standards.
Innovationen mit geringer Verbesserung der Umweltfreundlichkeit: Hier zeigt die Verwendung von Vergabekriterien keine Bedeutung. Freiwillige Standards unterstützen jedoch ihre Einführung.
Bessere Koordination für mehr Innovation
Unsere Studie unterstreicht die Notwendigkeit, freiwillige Standards und Beschaffungsvorgaben aufeinander abzustimmen, um die Potentiale beider Maßnahmen zur Förderung signifikanter Umweltinnovationen voll auszuschöpfen.
Konkrete Handlungsfelder
Für öffentliche Auftraggeber: Standards sollten flexibel als Orientierungshilfen eingesetzt werden, nicht als starre Vorgaben. Leistungsbasierte Kriterien, die Innovationen über das geforderte Minimum hinaus honorieren, sind zu bevorzugen.
Für die Politik: Es braucht klarere Leitlinien für die Anwendung von Standards in der öffentlichen Beschaffung. Die Koordination zwischen den Politikinstrumenten sollte verbessert werden, um unbeabsichtigte Wechselwirkungen zu vermeiden.
Für Unternehmen: Bei der Entwicklung von Umweltinnovationen sollten die konkreten Anforderungen und deren Ausgestaltung in relevanten Ausschreibungen analysiert werden.
Datenlücken schließen für eine bessere Politik
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist auch die Erkenntnis über bestehende Datenlücken. Um die Wirksamkeit grüner Beschaffung zu verbessern, sind detailliertere Informationen über die konkrete Anwendung von Standards in Vergabeverfahren erforderlich. Nur mit besseren Daten lässt sich genauer verstehen, welche Ansätze Innovationen bestmöglich fördern.
Fazit: Standards als Wegweiser, nicht als Hürde
Die Ergebnisse liefern wichtige Impulse für eine nachhaltige Innovationspolitik und eine effektive Gestaltung der öffentlichen Beschaffung. Die zentrale Botschaft: Grüne Beschaffung und freiwillige Standards sind grundsätzlich wirksame Instrumente zur Förderung von Umweltinnovationen. Entscheidend ist jedoch ihre angemessene Kombination.
Standards sollten Unternehmen den Weg zu besseren Umweltleistungen weisen, nicht ihre Innovationsmöglichkeiten begrenzen. Nur so kann die öffentliche Beschaffung ihr volles Potenzial als Motor für die grüne Transformation entfalten.
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