CO2-Bepreisung: Strompreis senken statt Klimageld zahlen
Mit den CO2-Preis-Einnahmen sollten die Energiewende vorangebracht und die Bevölkerung zugleich entlastet werden. Daher sollten die Mittel zur Senkung der Netzentgelte und anderer Strompreis-Komponenten eingesetzt werden, nicht aber für ein Klimageld.
Seit dem Jahr 2021 wird in Deutschland aus Gründen des Klimaschutzes der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) bei der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe mit staatlichen Abgaben belastet. Diese sogenannte CO2-Bepreisung erhöht die Kostenbelastung der Verbraucher, da sie andernfalls keine Wirksamkeit entfalten könnte.
Um bei weiter steigenden CO2-Preisen dennoch eine breite Akzeptanz für die CO2-Bepreisung zu sichern, versprach die Politik weit vor der Einführung dieses Klimaschutzinstrumentes, die daraus resultierenden Einnahmen komplett an die Verbraucher zurückzugeben. Die Ampelregierung hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag auf das Klimageld, einen pauschalen Pro-Kopf-Betrag, als Rückverteilungsvariante festgelegt. Es besteht jedoch Unklarheit darüber, ob und wann das Klimageld ausgezahlt wird.
Strompreis-Senkung statt Klimageld
Vor diesem Hintergrund wurde in einer RWI Position von Christoph Schmidt und mir ein pragmatischer Vorschlag unterbreitet, wie die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung jederzeit und unmittelbar — nach entsprechender politischer Beschlussfassung — an die Bevölkerung zurückgegeben werden können, um das von der Politik gegebene Versprechen der Rückverteilung der Einnahmen endlich einzulösen.
Der Vorschlag besteht aus einer Kombination aus mehreren Maßnahmen zur sukzessiven Senkung des Strompreises:
- der Senkung von Strompreiskomponenten wie der Stromsteuer und der Netzentgelte, mit denen der für die Energiewende unabdingbare Netzausbau finanziert wird
- der kompletten Abschaffung von Umlagen auf den Strompreis, wie etwa der KWK-Abgabe zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung
Mit der Abschaffung dieser Umlagen und der Finanzierung dieser Maßnahmen aus dem Klima- und Transformationsfonds würde ein fundamentaler Fehler im System beseitigt.
Es würden stärkere Schultern stärker belastet und die Kosten würden sozial ausgewogener verteilt.
Prof. Dr. Manuel Frondel
Denn bislang wird die Förderung von Energiewende-Maßnahmen wie der Kraft-Wärme-Kopplung oder der Ausbau der Netze von den Stromverbrauchern geschultert – und damit auch im hohen Maße von einkommensschwachen Haushalten. Aus ökonomischer und verteilungspolitischer Sicht wäre es aber sinnvoller, wenn die Steuerzahler für die Maßnahmen aufkommen.
Klima- und Transformationsfonds für die Energiewende verwenden
Würden solche Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende fortan aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert, würden die Mittel exakt für den Zweck verwendet, für den der Fonds geschaffen wurde: die treibhausgasverringernde Transformation des Energiesystems.
Die Finanzierung der Netzentgelte durch den Klima- und Transformationsfonds wäre insofern gerechtfertigt, als der Ausbau der Stromnetze für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende von essenzieller Bedeutung ist. Investitionen in die Netze können daher als Gemeinschaftsaufgabe angesehen werden, die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanziert werden sollte, nicht von den Stromverbrauchern.
Mit der bei Umsetzung dieses Vorschlags möglichen massiven Senkung des Strompreises könnten die Wärme- und Verkehrswende auf doppelte Weise vorangetrieben werden: einerseits durch die CO2-Bepreisung fossiler Brenn- und Kraftstoffe als treibendem Faktor und andererseits durch die massive Vergünstigung von Strom als erheblichem Anreiz.
Das Klimageld ist wenig zielgenau
Auf die Einführung eines Klimageldes sollte die Politik hingegen nicht nur wegen des Verwaltungsaufwands verzichten, sondern auch aus zahlreichen weiteren Gründen, insbesondere aus Gründen der Effizienz und der Verteilungsgerechtigkeit.
Nicht zuletzt ist das Klimageld wenig zielgenau, wie eine IMK-Studie vom Dezember 2023 zeigt: Einerseits zählen auch Haushalte aus hohen Einkommensgruppen zu den Profiteuren des Klimageldes, nicht zuletzt solche, für die dank Elektromobil und Wärmepumpe keinerlei Lasten aus der CO2-Bepreisung anfallen. Andererseits ist die Gruppe derer, die beträchtliche Einkommenseinbußen haben, sehr groß.
So würden nach der IMK-Studie rund 18,6 Millionen Haushalte bzw. rund 44 Prozent aller Haushalte in Deutschland durch ein Klimageld nicht ausreichend entlastet, um die zusätzlichen Kosten durch die CO2-Bepreisung zu decken. Davon wären knapp 4,7 Millionen — das entspricht rund elf Prozent aller Haushalte — stark belastet, weil sie selbst bei Auszahlung eines Klimageldes mehr als 2 Prozent ihres Nettoeinkommens für die CO2-Bepreisung aufwenden müssten.
Dass das Klimageld die politische Unterstützung für die CO2-Bepreisung erhöhen wird, erscheint vor diesem Hintergrund fraglich.
Prof. Dr. Manuel Frondel
Kluge Verwendung der Mittel: Energiewende voranbringen und für Entlastung sorgen
Vor allem aber wäre es in Zeiten massiver finanzieller Engpässe beim Klima- und Transformationsfonds klug, die äußerst knappen Mittel möglichst so zu verwenden, dass damit zugleich die Energiewende vorangebracht und die Bürgerinnen und Bürger sowie auch die Unternehmen entlastet werden. Das würde bei einer Verwendung der Fondsmittel zur Senkung der Netzentgelte und der zahlreichen Umlagen auf den Strompreis der Fall sein, nicht aber bei Auszahlung eines Klimageldes.
Wenn auf den Stromrechnungen der Rückerstattungsbetrag deutlich hervorgehoben würde, so wie dies im Zuge der Strompreisbremse zur Dämpfung der hohen Strompreise im Jahr 2023 praktiziert wurde, und dieser Rückerstattungsbetrag auch noch mit einem klangvollen Namen wie Klimabonus bezeichnet würde, wäre die Sichtbarkeit der Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in hohem Maße gewährleistet — ein Aspekt, der oftmals als einer der großen Vorteile des Klimagelds angesehen wird.
Doppelte Dividende der Strompreissenkung
Da Umlagen und Netzentgelte in ihrer verzerrenden Wirkung dem Effekt einer Steuer gleichkommen, würde deren Senkung die verzerrende Wirkung verringern. Es ließe sich mit dieser Art der Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sogar eine doppelte Dividende erzielen: Zum einen würde mit dem CO2-Preis eine ökologische Lenkungswirkung erzielt und zum anderen würden die verzerrenden Wirkungen der Umlagen und Netzentgelte verringert oder gar ganz beseitigt werden können. Diese doppelte Dividende gäbe es bei einer Rückerstattung via Klimageld nicht.
Der Vorschlag, Komponenten des Strompreises, vor allem die Netzentgelte, mit Mitteln des Klima- und Transformationsfonds zu senken, steht nicht nur im Einklang mit den schon im Jahr 2019 formulierten Vorschlägen des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu einer sozial ausgewogenen Klimapolitik.
Vielmehr würde die Umsetzung dieses Vorschlags auch eine konsequente Fortsetzung des von der Bundesregierung mit der Gegenfinanzierung der sogenannten EEG-Umlage aus Mitteln des Klima- und Transformationsfonds bereits eingeschlagenen Politikpfads darstellen. Seit Mitte 2022 wird der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung in Deutschland durch diesen Fonds finanziert, nicht mehr von den Stromverbrauchern per EEG-Umlage auf den Strompreis, wie dies zwischen dem Jahr 2000 und Mitte 2022 über zwei Dekaden geschah.
Literatur
Frondel, M., Schmidt, C. M. (2024) Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung: Das Versprechen der Politik endlich einlösen, aber nicht in Form des Klimageldes! RWI Position #83.
Endres, L. (2023) Verteilungswirkung der CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Wärme mit Pro-Kopf-Klimageld. IMK Policy-Brief Nr. 161, Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Düsseldorf. Das IMK ist ein Institut der Hans-Böckler-Stiftung.
Sachs, D., Fuest, C. (2023) Das Klimageld ist nicht das richtige Instrument. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 16. Dezember 2023.
SVR (2019) Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik. Sondergutachten, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Wiesbaden.
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