Emissionen

CO2-Bepreisung: Aus Widerstand wird Zustimmung

Klaus M. SchmidtLudwig-Maximilians-Universität München

Die CO2-Bepreisung ist eine der effektivsten und effizientesten Politikmaßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung. Trotzdem stoßen CO2-Preise weltweit auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung.

Unsere neue Studie untersucht, wie die öffentliche Akzeptanz durch unterschiedliche Modelle der Verwendung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gesteigert werden kann. Die Studie basiert auf einem neuartigen Experiment mit einer repräsentativen Stichprobe der deutschen Bevölkerung mit 1.100 Teilnehmenden. In diesem Blogbeitrag werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt und ihre politischen Implikationen diskutiert.

Warum CO2-Bepreisung?

Durch die Bepreisung von CO2-Emissionen, sei es durch CO2-Steuern oder durch Emissionshandelssysteme,  werden Unternehmen und Privatpersonen wirksam angereizt, auf sauberere Technologien und Verhaltensweisen umzusteigen.

Die Verringerung der Emissionen erfolgt dadurch zu viel geringeren ökonomischen Kosten als bei anderen staatlichen Eingriffen. Dennoch unterliegen derzeit nur 23 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen einer CO2-Bepreisung.

Woher kommt der Widerstand?

Der Widerstand gegen CO2-Bepreisung lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen:

Misstrauen gegenüber der Regierung: Viele Menschen betrachten die CO2-Bepreisung als eine versteckte Steuererhöhung. Sie sehen nicht, dass die generierten Einnahmen ihnen an anderer Stelle zugutekommen können.

Empfundene soziale Ungerechtigkeit: CO2-Bepreisung wird oft als regressiv angesehen, da sie einkommensschwache Haushalte überproportional stark belastet.

Nicht-sichtbare Wirksamkeit: Viele Menschen bezweifeln die Wirksamkeit dieses Instruments und sehen nicht, wie stark es Treibhausgasemissionen reduzieren kann.

Die Herausforderung für politische Entscheidungsträger besteht darin, CO2-Bepreisungssysteme so zu gestalten, dass sie diese Bedenken adressieren und eine breite öffentliche Akzeptanz finden.

Die Verwendung der Einnahmen

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die Verwendung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung entscheidend für ihre Akzeptanz ist. Es werden fünf Modelle der Mittelverwendung miteinander verglichen:

  1. Staatshaushalt: Die Einnahmen fließen in den allgemeinen Staatshaushalt.
  2. Klima-Projekte: Die Einnahmen finanzieren Klimaschutzprojekte.
  3. Gleiche Verteilung: Die Einnahmen werden gleichmäßig an alle Bürger verteilt.
  4. Verteilung an Arme: Die Einnahmen werden an einkommensschwache Haushalte verteilt.
  5. Klima-Prämie: Eine feste Vorauszahlung wird an alle Bürger geleistet, basierend auf den erwarteten Einnahmen.

Ein vollständig incentiviertes Experiment

Im Gegensatz zu traditionellen Umfragen, die die Teilnehmenden zu hypothetischen Szenarien befragen, beinhaltet dieses Experiment reale finanzielle Anreize und CO2-Emissionen. Die Teilnehmenden trafen Kaufentscheidungen über virtuelle Produkte, die reale CO2-Emissionen verursachten.

Anschließend stimmten sie über die Einführung der CO2-Bepreisung ab – mit realen finanziellen und ökologischen Konsequenzen. Diese Gestaltung stellt sicher, dass die Teilnehmenden alle Konsequenzen ihres Handels unmittelbar selbst erfahren und darum einen starken Anreiz haben, ihre echten Präferenzen offenzulegen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die CO2-Bepreisung in Deutschland eine Mehrheit finden kann, wenn die Einnahmen für Klimaschutzprojekte verwendet oder an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Wenn die Einnahmen dagegen in den allgemeinen Staatshaushalt fließen, spricht sich eine Mehrheit gegen die CO2-Bepreisung aus. Die höchste Akzeptanz erzielt das Modell der „Klima-Prämie“ mit 73,1 Prozent Zustimmung.

Schmidt Co2
Abbildung 1: Akzeptanz der CO2-Bepreisung nach Mittelverwendung

Warum die Klima-Prämie so erfolgreich ist

Die Klima-Prämie bietet mehrere Vorteile:

Sichtbarkeit und Sicherheit: Durch eine feste Vorauszahlung sind die Vorteile für die Bürger unmittelbar sichtbar. Sie müssen keine Erwartungen darüber bilden, welche Steuereinnahmen generiert und wie diese umverteilt werden.

Gerechtigkeit: Gleiche Zahlungen an alle Bürger adressieren Ungleichheitsbedenken, ohne den potenziellen Unmut derjenigen zu provozieren, die von gezielten Transfers nicht profitieren würden.

Breite Zustimmung: Das Modell findet Unterstützung über alle demografischen Gruppen hinweg, einschließlich konservativer Wähler und Menschen mit geringerem Klimabewusstsein.

Geringe Polarisierung: Nur wenige Teilnehmer bewerteten die Klima-Prämie als schlechteste Option, was auf ihre Akzeptanz als Kompromiss hinweist.

Missverständnisse und Fehleinschätzungen

Die Studie zeigt auch, dass die Auswirkungen der der CO2-Bepreisung deutlich unterschätzt werden, sowohl von den Teilnehmenden als auch von Experten. Dazu wurden sowohl die Teilnehmenden als auch 369 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Umweltökonomik, der Verhaltensökonomik und der Finanzwissenschaft zu ihren Erwartungen befragt und für die Richtigkeit ihrer Antworten entlohnt.

Wirksamkeit der CO2-Bepreisung: Die Teilnehmenden unterschätzten, wie stark die CO2-Bepreisung den Konsum und die Emissionen reduziert.

Öffentliche Unterstützung: Sowohl die Teilnehmenden als auch die Experten unterschätzten das Ausmaß der Unterstützung für CO2-Bepreisung in der Studie.

Abbildung 2: Vermutete und tatsächliche Akzeptanz der CO2-Bepreisung

Lektionen für die Politik

Die Ergebnisse der Studie bieten mehrere wichtige Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger:

Mittelverwendung priorisieren: Eine transparente und gerechte Verwendung der Einnahmen kann die öffentliche Unterstützung erheblich steigern. Dies zeigt die Akzeptanz der Klima-Prämie.

Missverständnisse abbauen: Aufklärungskampagnen sollten darauf abzielen, Missverständnisse über die Wirksamkeit und Popularität der CO2-Bepreisung zu korrigieren.

Inklusive Designs umsetzen: Eine langfristig orientierte Klimapolitik braucht eine breite Unterstützung in allen Bevölkerungsgruppen und politischen Lagern. Das kann durch die CO2-Bepreisung erreicht werden, wenn sie mit einer Klima-Prämie verbunden wird.

Der Kampf gegen den Klimawandel erfordert mutige und effektive Politiken. Die CO2-Bepreisung ist ein Eckpfeiler dieser Bemühungen. Doch die öffentliche Akzeptanz ist entscheidend für ihren Erfolg. Durch die Umsetzung von Mittelverwendungsschemata wie der Klima-Prämie können politische Entscheidungsträger die CO2-Bepreisung nicht nur wirtschaftlich effizient, sondern auch politisch machbar gestalten.

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Die CO2-Bepreisung wirkt – und hat Nebenwirkungen von Sara Holzmann und Dr. Thieß Petersen, Bertelsmann Stiftung

CO2-Bepreisung: Strompreis senken statt Klimageld zahlen von Prof. Dr. Manuel Frondel, RWI Essen

Klimabonus als Element einer sozialen Klimawende von Prof. Dr. Sebastian Dullien, IMK und Prof. Dr. Sebastian Gechert, TU Chemnitz



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