ASSMANN Büromöbel: „Am Thema Nachhaltigkeit kommt man nicht vorbei“
In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann.
Heute geht es um das mittelständische Unternehmen ASSMANN Büromöbel aus Melle. Geschäftsführerin Karla Aßmann und Nachhaltigkeitsbeauftragte Julia Koch erläutern unter anderem, wie sie die Unternehmensprozesse mehr und mehr an eine Kreislaufwirtschaft anpassen wollen.
Frau Aßmann, was produziert Ihr Unternehmen?
Karla Aßmann: ASSMANN Büromöbel ist ein deutscher Hersteller von Büromöbeln und Einrichtungslösungen. Die Produktion von Büromöbeln wie Schreibtischen, Regal- und Stauraumsystemen erfolgt ausschließlich an unserem Heimatstandort in Melle. Darüber hinaus bieten wir aber auch Dienstleistungen für die Gestaltung moderner Arbeitswelten an. Mit verschiedenen Netzwerkpartnern – beispielsweise aus den Bereichen Beleuchtung und Raumbegrünung – haben wir die Möglichkeit, Büroflächen ganzheitlich auszustatten, um moderne Arbeitswelten zu realisieren, in denen Menschen gerne arbeiten und sich wohlfühlen.
Frau Koch, welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Produktion?
Julia Koch: Wir haben uns schon länger der Nachhaltigkeit verschrieben. Sie ist ein fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie mit dem Leitmotto „Gute Arbeit“. Mitte der 90er Jahre haben wir ein Umweltmanagement eingeführt, welches im Laufe der Jahre sukzessive ausgebaut wurde. Mittlerweile verfügen wir über ein zertifiziertes Umwelt- und Energiemanagement sowie zahlreiche Produktzertifikate. In diesem Zusammenhang ist insbesondere FEMB Level hervorzuheben. Das ist einer der umfassendsten Nachhaltigkeitsstandards für Möbel.
Unsere Kernprodukte, die wir an unserem Standort in Melle produzieren, sind nach der höchsten Zertifizierungsstufe Level 3 zertifiziert. Wir werden also regelmäßig überprüft und müssen nachweisen, was in unseren Produkten enthalten ist – beispielsweise die Materialzusammensetzung und der Recyclinganteil. Auch Schadstoffe werden im Blick behalten. Wir analysieren außerdem, wie viele Ressourcen, z. B. Energie und Wasser, wir nutzen, um so Einsparpotentiale zu ermitteln.
Seit 2011 bringen wir regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht raus. Die letzten waren nach den bekannten GRI-Standards geprüft. Da waren wir als Möbelhersteller und KMU mit unserem umfassenden Bericht in einer Vorreiterrolle. Für das kommende Jahr planen wir einen Nachhaltigkeitsbericht, in dem auch unsere Stakeholder noch mehr zu Wort kommen sollen.
Wo sehen Sie Potential für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen?
Julia Koch: Wir wollen unsere Prozesse stärker als Kreislaufwirtschaft denken. Beispielsweise überlegen wir, wie wir unsere langlebigen Möbel möglichst lange nutzen und beispielsweise als Gebrauchtmöbel wiederverwenden können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Recycling. Unsere Möbel lassen sich leicht in ihre Einzelteile zerlegen und sind mit einer Demontageanleitung versehen. Das erleichtert den Recyclingprozess.
Wir sind zudem im ständigen Austausch mit unseren Lieferanten, um den Recyclinganteil in den verschiedenen Materialien zu erhöhen. Unsere eingesetzten Spanplatten bestehen mittlerweile aus bis zu 60 Prozent wiederverwendetem Material, beispielsweise aus Sägespänen, die in der Produktion anfallen.
Auch bei unserem Energie-Management gibt es noch Potential. Das betreiben wir insbesondere seit unserer Zertifizierung nach ISO 50.001 im letzten Jahr sehr systematisch. Zum Beispiel wollen wir weniger Öko-Strom verbrauchen und mehr Strom selbst erzeugen. Im Herbst erhalten wir eine neue Photovoltaik-Anlage. Weiterhin werden seit 2023 nur noch E-Autos als Dienstwagen zugelassen, welche bei uns mit Öko-Strom geladen werden können.
Es gibt viele weitere Möglichkeiten im Bereich der Nachhaltigkeit. Wir prüfen derzeit auch, ob wir an Forschungsprojekten mitwirken können, die uns in dieser Hinsicht weiterbringen.
Welche Hindernisse sehen Sie für Ihre Planungen, zum Beispiel durch aktuelle staatliche Rahmenbedingungen?
Karla Aßmann: Es ist sehr schade, dass der Nachhaltigkeitsaspekt in den Ausschreibungen von öffentlichen Auftraggebern kaum eine Rolle spielt. Die öffentliche Hand sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Aktuelle Studien zeigen, dass Nachhaltigkeitsaspekte nur einen verschwindend geringen Anteil von 3 bis 5 Prozent an der Entscheidungsfindung haben. Bislang ist der ausschlaggebende Faktor immer noch der Preis. Wir betreiben Nachhaltigkeitsmanagement aus Überzeugung. Dennoch würden wir uns wünschen, dass diese Bemühungen anerkannt werden. Nachhaltigkeitsaspekte sollten bei Ausschreibungen einen sehr hohen Anteil des Punktesystems einnehmen.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Julia Koch: Gerade KMU profitieren von speziellen Förderprogrammen. Diese sind allerdings in der Regel sehr komplex in ihrer Ausgestaltung. Hier würden wir uns eine Vereinfachung wünschen. Trotzdem läuft natürlich nicht alles schlecht. Wir finden es zum Beispiel sehr gut, dass bei der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD zunächst die großen Unternehmen in die Pflicht genommen wurden. KMU ziehen sukzessive nach und haben mehr Zeit, sich vorzubereiten. Das ist wichtig, weil die personellen und finanziellen Ressourcen bei KMU oftmals knapper sind.
Was, denken Sie, brauchen wir generell, um die Bahnen in eine nachhaltige Soziale Marktwirtschaft bzw. nachhaltigere Wirtschaftsform zu lenken?
Julia Koch: Ich denke, dass Nachhaltigkeit eine größere Rolle in der Bildung spielen muss. In der Schule, in der Ausbildung, im Studium. Damit das Thema von vornherein in den Köpfen der Mitarbeitenden verankert ist. In der aktuell arbeitenden Bevölkerung scheint dieses Wissen noch zu wenig vorhanden.
Karla Aßmann: Grundsätzlich wäre eine Förderung von nachhaltigem Konsumverhalten wünschenswert, beispielsweise durch mehr Aufklärung. Zudem sollten auch Unternehmen mehr in die Verantwortung genommen werden. Für uns bei ASSMANN spielt Nachhaltigkeit nicht aufgrund von politischen Auflagen eine Rolle.
Wir sind vielmehr der festen Überzeugung, dass dies der richtige Weg für uns ist. Verantwortung für dieses wichtige Thema zu übernehmen, liegt in unserer DNA. Es hat für uns schon immer eine Rolle gespielt, wie man Prozesse verschlanken kann, Materialeinsatz reduzieren und Ressourcen schonen kann. Mit diesem Ziel kommt man an dem Thema Nachhaltigkeit gar nicht vorbei.
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