Aus Abgas wird Rohstoff: Carbon Capture and Utilization

Dr. Christoph Rameshan Lehrstuhl für Physikalische Chemie der Montanuniversität Leoben

Noch tut sich die Welt schwer damit, Emissionen zu reduzieren. Vielleicht liegt es daran, dass CO2 bislang nur als Abgas betrachtet wird. Doch es gibt Möglichkeiten, daraus einen Rohstoff zu machen – und beispielsweise fossile Energieträger zu ersetzen. Dr. Christoph Rameshan forscht dazu am Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Montanuniversität Leoben. Er erklärt im Interview, was genau hinter der Methode Carbon Capture and Utilization steckt.

Was bedeutet Carbon Capture and Utilization? Welchen Zweck verfolgt man mit dieser Technik?

Der Grundgedanke ist, dass man versucht, CO2 einzufangen und abzutrennen – und es dann nutzbar zu machen. Denn betrachtet man CO2 aus der chemischen Sicht, ist es ein wertvoller Ausgangsstoff.

Die Idee von Carbon Capture and Utilization ist also, den Kohlenstoff mithilfe von Erneuerbaren Energien zu nutzbaren Stoffen umzuwandeln.

CO2 bleibt also kein Abgas, sondern wird zum Rohstoff. So kann man eine Kreislaufwirtschaft etablieren.

Dr. Christoph Rameshan
Was muss man sich unter dem Einfangen von CO2 vorstellen?

Es gibt zwei Ansätze, um CO2 abzutrennen: Man kann es direkt aus der Atmosphäre filtern. Das ist allerdings sehr aufwendig. Oder man kann das CO2, das in der Industrie erzeugt wird, an Ort und Stelle einfangen und aus dem Abgas abtrennen. Wenn man das CO2 dann – auf die eine oder andere Weise – abgetrennt hat, kann man zwei Dinge damit tun:

  • Man kann es im Boden verpressen und hoffen, dass es nicht mehr an die Oberfläche kommt. Das nennt man Carbon Capture and Storage.
  • Oder man verwertet das CO2 weiter, da es ohnehin gebraucht wird und man es mühevoll abgefangen hat. Das nennt man dann Carbon Capture and Utilization.

Ein Beispiel für einen Prozess, der viel CO2 ausstößt, ist die Herstellung von Zement. Da es nicht möglich ist, diesen Prozess ohne Emissionen durchzuführen, wäre es hier ideal, CO2 einzufangen und abzutrennen.

Können Sie uns Beispiele nennen, wie der Kohlenstoff konkret genutzt werden kann?

Man kann unter anderem E-Fuels, also synthetische Treibstoffe, produzieren. Es gibt mittlerweile erste Anlagen, die mit abgetrennten CO2 zum Beispiel grünes Kerosin herstellen. Das ist ein Ansatz, um den CO2-Abdruck der Flugbranche zu verringern. Denn Flugzeuge können wird bislang nicht elektrisch betreiben.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der chemischen Industrie. Dort ist Erdöl ein vielgenutzter Rohstoff. Man ist also sehr stark auf fossile Energieträger angewiesen. Durch Carbon Capture and Utilization kann dieser Rohstoff durch CO2 ersetzt werden. Aus dem Kohlenstoff kann man chemische Grundstoffe machen, zum Beispiel nachhaltiges Methanol. Methanol gilt als Basis-Chemikalie und wird vielfach in der chemischen Industrie verwendet. Davon werden 100 bis 150 Millionen Tonnen jährlich gebraucht.

Können durch Carbon Capture and Utilization auch Emissionen eingespart werden?

Lassen Sie uns beim Beispiel Methanol bleiben. Das wird derzeit aus Synthese-Gas hergestellt. Und dieses wiederum produziert man aus Erdgas. Doch das Erdgas könnte man durch abgetrenntes CO2 ersetzen. Und so eine riesige Menge an Emissionen einsparen, weil man so die fossilen Rohstoffe ersetzen kann.

Welche Rolle wird Carbon Capture and Utilization in der Wirtschaft spielen?

Noch ist die Methode nicht rentabel. Das Problem ist, dass man einen vergleichsweise hohen Energie-Aufwand hat, um den Kohlenstoff nutzbar zu machen. Bei der Verarbeitung von Erdgas muss man beispielsweise nicht so viel Energie aufwenden, da die Moleküle schon Energie in sich haben. Für CCU habe ich also einen energetischen Mehraufwand.

Eine Prognose, wann die Methode rentabel wird, ist schwierig. Denn das hängt von politischen Rahmenbedingungen ab. Es gibt zwei Faktoren:

  • Die Preise von CO2-Zertifikaten. Je schneller ihr Preis steigt, desto eher rentiert sich Carbon Capture and Utilization.
  • Die Preise für grünen Wasserstoff. Bislang ist synthetischer Wasserstoff wesentlich preiswerter. Wir bräuchten also schnell viel Erneuerbare Energie, damit wir viel billigen grünen Wasserstoff produzieren können.

Wenn der politische Wille da ist und sich diese Rahmenbedingungen ändern, könnte CCU schnell rentabel werden.

Welche Rolle spielt die Technik bislang in Deutschland?

Bisher gibt es Versuche und Pilotanlagen. Technisch ist alles möglich. Der Knackpunkt liegt noch bei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Wo müssen konkret Potentiale gehoben werden – und was ist dafür nötig?

Es gibt viele wissenschaftliche Bestrebungen, die Erzeugung von grünem Wasserstoff voranzutreiben. Doch wir brauchen dafür Erneuerbare Energie.

Teils müssen auch noch Materialien entwickelt werden, die hitzebeständig genug für die Prozesse sind. Das machen wir an der Montanuniversität Leoben in unserer Arbeitsgruppe.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Welche Rolle spielt Wasserstoff als Energieträger im globalen Energiesystem? von Dr. Johannes Eckstein und Matia Riemer, Fraunhofer ISI

Handelsrechtliche Leitplanken: Wie kann ein CO2-Grenzausgleich ausgestaltet werden? von Dr. Susanne Dröge, Stiftung Wissenschaft und Politik

Eine Klimaallianz zur CO2-Bepreisung von Prof. Dr. Sonja Peterson, Institut für Weltwirtschaft Kiel



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