Ungelöste Herausforderungen in der Klimafinanzierung

Niklas IllenseerMCC Berlin

Im November 2023 erfuhr der „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) große Aufmerksamkeit, als das Bundesverfassungsgericht die rückwirkende Übertragung von 60 Milliarden Euro aus ungenutzten Corona-Kreditermächtigungen für verfassungswidrig erklärte. Das hatte im Haushaltsplan für 2024 gravierendere Konsequenzen: Am Jahresende soll die Rücklage statt wie ursprünglich vorgesehen 41,5 Milliarden Euro nur noch 317 Millionen Euro betragen – eine nahezu vollständige Auslöschung dieser Sicherheitsreserve.

In den vergangenen Wochen, in den Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025, rückte das Sondervermögen erneut in den Fokus. Und es zeigt sich: Die Bundesregierung schiebt das ungelöste Problem einer nachhaltigen Finanzierung der deutschen Klimapolitik weiterhin vor sich her.

Ein falsches Verständnis von Minderausgaben

Die Einigung zum Haushalt 2025 sieht vor, dass etwa 4 Milliarden Euro weniger Programmausgaben aus dem KTF fließen sollen als 2024. Besonders betroffen ist der natürliche Klimaschutz – also Maßnahmen zum Schutz etwa von Wäldern, Böden und Gewässern: Statt der im Finanzplan 2023 veranschlagten 1,49 Milliarden Euro in 2025 sind nun nur noch 0,95 Milliarden Euro für die Programme „Maßnahmen für den natürlichen Klimaschutz“ und die „Nationale Klimainitiative“ vorgesehen. Das bedeutet ein Drittel Kürzungen. Da, wo es nicht unmittelbar schmerzt, fällt das Sparen scheinbar leichter.  

Zudem greift die Bundesregierung im KTF, wie auch im Kernhaushalt, auf eine sogenannte globale Minderausgabe zurück, 9 Milliarden Euro für 2025. Dahinter steht der Gedanke, dass bestimmte Mittel gar nicht vollständig abgerufen werden, sodass sich das Ausgabenvolumen idealerweise von selbst auf das finanzierbare Maß zusammenkürzt. Bereits in den Vorjahren wurden solche Minderausgaben eingeplant, auch da der KTF in der Tat wiederholt Probleme mit dem Mittelabfluss hatte.

Allerdings ist der Fonds mittlerweile komprimierter, und es fehlt eine namhafte Rücklage. Dadurch steigt das Risiko, dass geplante Mittel im Jahresverlauf fehlen. Wenn Mittel im nächsten Jahr wie geplant abgerufen werden, aber nicht vollständig abgesichert sind, könnte das Bundesfinanzministerium gezwungen sein, eine Haushaltssperre zu verhängen. Dies hätte kurzfristige Förderstopps bei laufenden Programmen zur Folge, die die Klimaschutzbemühungen politische Glaubwürdigkeit kosten.

Hinzu kommt, dass in 2025 eine globale Mehreinnahme von 3 Milliarden Euro eingeplant ist – Mittel, die in 2024 absehbar übrigbleiben sollen. Insgesamt stehen somit etwa ein Drittel der geplanten Ausgaben von 34,5 Milliarden Euro in 2025 schon technisch gesehen auf wackeligen Beinen. Die Klimawende nach dem Prinzip Hoffnung zu finanzieren – das ist ein riskantes Unterfangen. Aber es ist keineswegs eine stabile Finanzpolitik. Und außerdem: Ein notorisch stockender Mittelabfluss sollte weder als frei verfügbares fiskalisches Polster verstanden werden noch als Mehreinnahme für das Folgejahr. Sondern als Indikator für Probleme bei der Abwicklung und Umsetzung demokratisch beschlossener politischer Programme und Förderinstrumente.

Aufgrund von Verzögerungen beim Bau der geplanten Intel-Fabrik in Magdeburg werden im Haushalt 2024 und 2025 eingeplante Mittel von insgesamt etwa 10 Milliarden Euro absehbar nicht genutzt. Akute Probleme des nächstjährigen Haushaltsplans dürften so zumindest kurzfristig etwas abklingen. An den hier dargestellten längerfristigen Konfliktlinien ändert die Aufschiebung der Investition jedoch wenig.

Das Risiko einer unzuverlässigen Einnahmequelle

Nach dem weitgehenden Wegfall der Rücklage stützt sich der KTF maßgeblich auf die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung. Die Bepreisung soll fossile Wirtschaftspraktiken verteuern und klimafreundliches Verhalten belohnen. Doch was passiert, wenn diese Einnahmen nicht so fließen wie geplant?

 Die diesbezüglichen unmittelbaren und auch längerfristigen Unsicherheiten zeigen sich im Regierungsentwurf für den KTF-Haushaltsplan: Für das Jahr 2025 sollen die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandelssystem (ETS) etwa 1,61 Milliarden Euro geringer ausfallen, als noch letzten Sommer erwartet.

Diese Differenz wird nun durch Bundeszuweisungen ausgeglichen. Auch für die Folgejahre werden geringere Einnahmen erwartet – in 2026 droht mit 6,85 statt 12,86 Milliarden Euro eine Halbierung. Diese Unsicherheit zeigt sich auch in der historischen Volatilität und Anfälligkeit für exogene Schocks: Der CO2-Preis bildet sich im ETS frei am Markt – und ist seit Anfang 2023 von rund 100 auf rund 70 Euro je Tonne gesunken, nicht zuletzt eine Folge rückläufiger Produktion in energieintensiven Industriezweigen.

Die nationale Bepreisung für Verkehr und Gebäude soll dem KTF laut Haushaltsplan in den kommenden Jahren steigende Einnahmen bescheren. Dies ist hauptsächlich auf die im letzten Winter beschlossene Anhebung des Preises zurückzuführen: Anfang 2025 von 45 auf 55 Euro je Tonne und Anfang 2026, durch eine Verknappung der Zertifikate, in einen Korridor zwischen 55 und 65 Euro. Doch ein Konjunktureinbruch oder eine langsamere wirtschaftliche Erholung könnten die Einnahmen trotzdem schmälern.

Und der geplante Übergang der nationalen Bepreisung in ein zweites EU-Emissionshandelssystems ab 2027 verschärft die Unsicherheiten zusätzlich. Ab diesem Zeitpunkt würde der CO2-Preis nicht mehr gesetzlich festgelegt, sondern auch am Markt bestimmt – und wäre damit externen Schocks, volatilen Marktentwicklungen und politischen Winkelzügen ausgeliefert. Das tatsächliche CO2-Preisniveau im neuen EU-Emissionshandel wird maßgeblich von den europäischen Regierungen abhängen, und die wollen zunächst einen Deckel. Insgesamt ergeben sich unkalkulierbare Einnahmen und Unsicherheiten für die Finanzierung von Klimaschutzprogrammen.

Zweck der CO2-Bepreisung

Zur wackeligen Einnahmesituation kommt noch ein grundsätzliches Problem: Der Zweck der CO2-Bepreisung ist es eigentlich nicht, die Staatskasse zu füllen. Sie soll im Prinzip den Klima-Fußabdruck von Produkten in deren Preis abbilden, dadurch die Kauf- und Investitionsentscheidungen von privaten Haushalten und Unternehmen in einer für das Klima günstigen Weise beeinflussen und den Wandel zu einer fossilfreien Wirtschaft beschleunigen.

Dem Klima schaden soll bestraft, das Klima schützen belohnt werden – und unterm Strich soll sich das ausgleichen. Deshalb sollten Einnahmen aus der CO2-Bepreisung größtenteils als „Klimageld“ oder in Form von spezifischen Entlastungen für betroffene Gruppen zurückgegeben werden. Gleichzeitig müssen einkommensschwache Haushalte durch gezielte Förderungen unterstützt werden, um auf klimafreundliche Technologien umsteigen zu können und nicht überproportional belastet zu werden. Auch aus diesem Grund braucht es dringend neue, zuverlässige Finanzierungsquellen für langfristige Klimainvestitionen.

Eine Politik der doppelten Ungerechtigkeit

 Die aktuelle Praxis, Förderprogramme aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung zu finanzieren, führt zu sozialen Ungerechtigkeiten. Während von den steigenden CO2-Preisen überproportional die einkommensschwachen Haushalte belastet werden (weil sie besonders viel von ihrem Geld für Energie ausgeben), profitieren von den Förderprogrammen vor allem wohlhabendere Haushalte und die Industrie. Die Gebäudeförderung macht 2025 mit rund 16 Milliarden Euro fast die Hälfte der KTF-Programmausgaben aus. Doch nach den jüngsten Zahlen (Stand 2022) haben 57 Prozent der privaten Haushalte, die daraus Geld für Neubauten in Anspruch nehmen, ein monatliches Haushaltsnettoeinkommen von über 4.000 Euro. Bei Sanierungen sind es sogar 65 Prozent.

Auch die Finanzierung der EEG-Umlage, die von der Regierungskoalition als bereits bestehendes tituliert wurde, jedoch eigentlich ein Förderinstrument für den Ausbau der erneuerbaren Energien darstellt, ist in ihrer Verteilungswirkung problematisch. Die Tatsache, dass die EEG-Umlage seit 2022 nicht mehr über die Stromrechnung bezahlt wird, entlastet nur zu 28 Prozent private Haushalte direkt, obwohl diese zu 75 Prozent direkt durch die nationale CO2-Bepreisung belastet werden. Die Entscheidung, die Finanzierung von nun an in den Kernhaushalt zu überführen, die EEG-Umlage also aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren, ist daher zu begrüßen.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. In Zeiten einer schwächelnden Konjunktur und einer unausgelasteten Wirtschaft hat es eine ohnehin zerstrittene Regierungskoalition versäumt, solide finanzpolitische Impulse für die Wirtschaftstransformation zu setzen, sich stattdessen mit einigen wenigen Milliarden Euro befasst. Statt klare Lösungen zu finden, wurde auch die Entscheidung über die Zukunft des KTF und die Finanzierung der Klimawende vertagt. Dabei benötigt es dringend eine Grundsatzentscheidung, die über wackelige CO2-Einnahmen hinausgeht und der Größe der Aufgabe gerecht wird.

Die aktuelle Haushaltsführung stößt angesichts derzeitiger Herausforderungen augenscheinlich an ihre Grenzen. Klimaschutz muss als Daseinsvorsorge und Grundlage für künftigen Wohlstand begriffen und durch eine verlässliche Finanzierung gesichert werden. Es braucht dringend Investitionen in die wirtschaftliche Transformation, innovative Technologien, Infrastruktur, die Ausbildung von Fachkräften für die Energiewende, sowie in Klimaschutz und -anpassung. Doch dafür ist eine größere Flexibilität erforderlich, die mit den bisherigen Schuldenregeln nicht vereinbar ist.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Studie von OECD und Bertelsmann Stiftung: Transformation im Mittelstand von Lora Pissareva, OECD et al.

Die CO2-Bepreisung wirkt – und hat Nebenwirkungen von Sara Holzmann und Dr. Thieß Petersen, Bertelsmann Stiftung

Ökologische Transformation und solide Finanzen dürfen kein Widerspruch sein von Prof. Dr. Silke Übelmesser, Friedrich-Schiller-Universität Jena



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