Thermondo

Thermondo: Auf Faktenbasis miteinander diskutieren

In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann.

Dieses Mal geht es um den Heizungsinstallateur Thermondo. Mit René Bretschneider, der im Unternehmen für Nachhaltigkeit und Personal zuständig ist, haben wir uns unter anderem über Mythen zum Thema Heizen unterhalten.

Können Sie uns Ihr Geschäftsmodell etwas näher erläutern?

Wir sind Deutschlands führender Installateur rund um das Thema Heizung. In diesem Bereich ist ja in der jüngsten Vergangenheit viel geschehen. Daher haben wir uns einer eigenen Transformation unterzogen – und haben uns von Gas und Öl verabschiedet und zur Wärmepumpe hin orientiert. Nun unternehmen wir die nächsten Schritte, um ein Komplettanbieter zu werden, der zudem Photovoltaik, Batteriespeicher und Wallbox anbietet und ein Smart-Home-System einrichten kann, welches das gesamte Haus der Kunden energieeffizient steuert.

Wie genau es es denn zu der Idee gekommen, diese Leistung anzubieten?

Wir kamen aus dem Bereich des konventionellen Heizens. Hier zeigte sich, dass die Vernetzung aller Komponenten, Gewerke und Speicher im Haus ein großes Thema unserer Zeit ist. Damit beschäftigten sich auch viele andere Anbieter im Markt. Allerdings ist unser Ziel, ein wirklich klimaneutrales Heizen im Haus zu ermöglichen. Und das geht nur mit grünem Strom, nicht mit Öl und Gas. Dieses Gesamtpaket wollen wir für unsere Kunden anbieten, möglichst zügig und bequem.

Woher kam der Ansatz, sich auf nachhaltige Energie zu konzentrieren?

Unserem ehemaligen Gründer Philipp Pausder, der mittlerweile in den Aufsichtsrat gewechselt ist, war Nachhaltigkeit ein Anliegen. Schon allein aus Effizienzgründen. Nachdem das Klimaschutzgesetz in Kraft trat, war klar, dass Deutschland auf lange Sicht ohne fossile Brennstoffe heizen muss. Und uns war klar, dass wir Produkte brauchen, mit denen wir das ermöglichen können, beispielsweise die Wärmepumpe. Es gibt natürlich auch noch andere Lösungen, aber gerade im Segment Einfamilienhaus kommt man nicht an ihr vorbei.  

Hat sich die Situation durch das vieldiskutierte Heizungsgesetz für Thermondo verändert?

Um offen zu sein: Das letzte Jahr war recht anstrengend. Es war schade, dass das Heizungsgesetz in so unfertigem Zustand in die Welt kam. Die daraus resultierende Medienkampagne war ebenfalls nicht hilfreich. Diese Umstände haben zu massiver Verunsicherung bei den Kunden geführt. Es gibt immer noch viele Mythen. Zum Beispiel der, dass man sein Haus großflächig renovieren muss, damit eine Wärmepumpe einen Nutzen bringt. Unsere Erfahrung zeigt allerdings, dass dies bei weit mehr als der Hälfte der Ein- oder Zweifamilienhäuser gar nicht nötig ist. Es ist eher so, dass man vielleicht ein paar Heizkörper austauschen muss. Dann kann die Wärmepumpe eine Gas- oder Ölheizung problemlos ersetzen.

Was wäre nötig, um solche Mythen zu entkräften?

Ein gewisses Maß an Sachlichkeit wäre für uns alle sicherlich hilfreich. Ich würde mir wünschen, dass wir da vermehrt auf Faktenbasis miteinander diskutieren, auch politisch.

Entstehen durch politische Rahmenbedingungen weitere Hürden für Thermondo?

Wir bedenken viele Szenarien. Aber grundsätzlich haben wir großes Vertrauen, dass der Green Deal auf der europäischen Ebene und das Klimaschutzgesetz in Deutschland eine gute Basis bieten, um wirklich die notwendigen Maßnahmen voranzubringen. Und es passiert ja auch sehr viel: beim Ausbau der Erneuerbaren, bei den Investitionen in Netze und andere Infrastruktur. Allerdings geht es sehr langsam voran. Daher gibt es einige Punkte, die uns wahrscheinlich noch eine Weile beschäftigen werden.

Einer ist die Preisentwicklung von grünem Strom und fossilen Energieträgern. Wir brauchen eine faire Distanz zwischen diesen Preisen. Erneuerbare Energien dürfen nicht durch hohe Steuern und Abgabenlasten benachteiligt werden, im Gegenteil. Auch das Thema Förderung ist wichtig. Dabei geht es gar nicht darum, höhere Summen zu versprechen, sondern eher um die Verlässlichkeit. Eine Verlässlichkeit, die dafür sorgt, dass Kunden sich nicht mehr fragen müssen, ob noch ein besserer Zeitpunkt für ihre Investition kommt. Da bräuchten wir ein längerfristiges Commitment für die Transformation.

Was wünschen Sie sich von der Politik? 

Leider sind wir in Deutschland nicht besonders weit, wenn es um das Thema Flexibilisierung des Stroms und die smarte Steuerung von Einzelhäusern geht. Mittlerweile gibt es mehr als ein Dutzend Länder in der EU, die schon zu 100 Prozent sogenannte Smart Meter, also intelligente Messsysteme, ausgerollt haben. Smart Meter ermitteln nicht nur den Stromverbrauch, sie können die erhobenen Daten auch direkt versenden, beispielsweise an den Stromversorger oder den Netzbetreiber. So können Erzeugung und Verbrauch von Strom effizient aufeinander abgestimmt werden. Hier hat Deutschland noch großen Aufholbedarf.

Was bräuchten wir generell, um unsere Wirtschaft in nachhaltige Bahnen zu lenken?

Persönlich würde ich mir ein anderes Narrativ wünschen. Ich glaube, dass doch jeder ein lebenswertes Land für seine Kinder hinterlassen möchte. Dafür müssen wir uns aber neu erfinden: In welche Zukunftsfelder kann ein altes Industrieland wie Deutschland investieren?

In vielen Felder waren wir schon vorne dabei, zum Beispiel bei der Photovoltaik. Leider fand das in den 2000ern sein Ende. Daraus sollten wir lernen. Und uns die Frage stellen, wie wir uns als Gesellschaft insgesamt unsere Zukunft vorstellen. Dann kann es neue Impulse geben. Und ich glaube, da spielt Politik eine sehr, sehr wichtige Rolle. Es wäre sicherlich auch hilfreich, über den einzelnen Wahlzyklus hinauszudenken. Denn wir sprechen hier über große Investitionen, beispielsweise in Infrastruktur.

Ich finde es zudem wichtig, das Thema Nachhaltigkeit in einem größeren Rahmen zu betrachten. Es geht nicht nur um ein grünes Produkt, sondern auch um unsere soziale Umwelt. Unsere Mitarbeitenden kommen aus 50 Nationen. Wir sehen es als unsere Verantwortung, ihnen eine Perspektive in Deutschland zu geben und sich beruflich zu entwickeln. Zumal wir natürlich auch vom Fachkräftemangel betroffen sind. Daher planen wir jetzt die Eröffnung unserer eigenen Akademie, mit der wir Quereinsteigern einen Weg in das Berufsfeld Wärmepumpen-Installation öffnen möchten.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Mit Energieeffizienz und Energieflexibilität zur Klimaneutralität von Kerim Torolsan und Marie-Christin Grabisch, Institut für Energieeffizienz in der Produktion

Die Rolle von Narrativen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft von Machteld Simoens, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Dr. Anran Luo, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

Wahre Kosten: Wie Klimakosten zu Marktanreizen beitragen von Prof. Dr.-Ing. Matthias Schlipf, Hochschule München, Bastian Striegl und Prof. Dr. Tobias Gaugler, Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm



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