Spaleck: „Betriebe müssen sich gesellschaftliche Legitimation erarbeiten“
In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann.
Dieses Mal geht es um den Maschinenbauer Spaleck aus Bocholt. Geschäftsführer Carsten Sühling erzählte uns im Interview, warum er ein Befürworter der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist und wieso Spaleck mit dem NABU kooperiert.
Herr Sühling, können Sie uns Ihre Produkte etwas näher erläutern?
Eines unserer Kernprodukte sind Siebmaschinen für die Recyclingindustrie. Die leisten vereinfacht gesagt Ähnliches wie die Siebe früher im Sandkasten. Wenn zum Beispiel ein Auto recycelt wird, wird das Fahrgestellt in der Regel in Gänze geschreddert. Um die Materialien dann sortieren zu können, werden sie von unseren Siebmaschinen der Größe nach gesiebt. Das ist bei jedem Recyclingprozess relevant.
Wir haben noch weitere Geschäftsfelder. Zum Beispiel fertigen wir für Unternehmen auch Teile nach Maß. Eins ist uns aber bei allen wichtig: Wir konzentrieren uns auf Kunden aus dem Bereich Green Tech. Wir wollen uns auf nachhaltige Branchen fokussieren.
Wie setzt sich Spaleck denn noch für Nachhaltigkeit ein?
Es gibt mehrere Ansatzpunkte. Wir haben zum Beispiel eine recht enge Kooperation mit dem NABU. Weil wir zeigen wollten: Naturschutz und Wirtschaft müssen nicht gegeneinander arbeiten. Der NABU hat uns zum Beispiel auf die Idee gebracht, unsere Gebäudefassaden und Dächer begrünen zu lassen. Bei den ersten Pflanzungen haben sogar Ehrenamtliche geholfen. Mittlerweile sieht das wirklich toll aus.
Auf dem Gelände haben wir auch verschiedene Flächen entsiegelt und renaturiert. An einer Stelle wachsen gerade Brombeeren ohne Ende, die noch dazu sehr lecker sind. Wir haben Nistkästen und Insektenhotels errichtet. Mittlerweile gibt es sogar einen Bienenstock.
Auch das Thema CO2 liegt uns natürlich am Herzen. Seit diesem Jahr bestellen wir für unseren Fuhrpark nur noch Elektroautos. Wir haben uns mit Wärmerückgewinnung auseinandergesetzt, um unseren Energieaufwand beim Heizen zu reduzieren. Und wir gehören übrigens zu den Unternehmen, die schon vor Jahren auf LED gesetzt haben. So konnten wir unseren Stromverbrauch um 20 Prozent senken.
Leider haben wir immer noch einen Fußabdruck, versuchen aber, diesen möglichst gering zu halten. Bis 2030 möchten wir CO2-neutral sein. Natürlich sind wir als Unternehmen zu klein, um die Welt zu ändern.
Aber wir können dazu beitragen, die Dinge etwas besser zu machen. Das macht uns sogar Spaß und Freude.
Carsten Sühling
Früher habe ich aus meinem Büro auf eine graue Wand geguckt, die sah einfach nur schrecklich aus. Mittlerweile ist hier alles grün.
Sehen Sie für Ihre zukünftigen Pläne Hindernisse, zum Beispiel durch staatliche Rahmenbedingungen?
Es ist schade, dass sich der öffentliche Fokus vom Klimaschutz weg bewegt hat. Natürlich gibt es viele Krisen, allein der Ukraine-Krieg. Trotzdem dürfen wir Förderungen, die für mehr Nachhaltigkeit sorgen sollen, nicht infrage stellen. Viele Bereiche, zum Beispiel die Erneuerbaren Energien, nehmen erst Schwung auf, wenn sie gefördert werden. Aktuell ist allerdings auch ein Problem, dass hier oftmals die Klarheit fehlt. Unternehmen wissen gar nicht, ob Förderungen in Zukunft gezahlt werden oder nicht. Und dann fragen Betriebe sich natürlich, ob sie jetzt investieren sollen – oder nicht, weil ja vielleicht doch nochmal ein Förderprogramm kommt. Das verhindert eine schnelle Belebung des Marktes.
Eine Frage, die mir häufig gestellt wird, ist die nach dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ob die Anforderungen für KMU da zu hoch seien. Und ja, die sind hoch. Man könnte das mit Sicherheit an der ein oder anderen Stelle einfacher machen. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass wir solche Pflichten brauchen. Denn die Wirtschaft hat in den letzten Jahren zu wenig getan, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen.
Betriebe müssen sich gesellschaftliche Legitimation erarbeiten, indem sie nachhaltig wirtschaften. Und dafür braucht es eine gewisse Transparenz.
Carsten Sühling
Wenn das nicht freiwillig geschieht, muss man es zur Pflicht machen. Deshalb bin ich ein Befürworter der Nachhaltigkeitberichterstattung. Sie bringt sogar wirtschaftliche Vorteile, da man gezwungen ist, sich mit den internen Prozessen zu beschäftigen. Das zeigt Verbesserungspotentiale auf. Wir haben nach der Analyse beispielsweise sowohl im Gas- als auch Strombereich erhebliche Einsparungen erzielen können. Dennoch wäre es natürlich hilfreich, wenn man die Berichterstattung insbesondere für kleinere Unternehmen vielleicht an der ein oder anderen Stelle etwas vereinfachen würde.
Was denken sie, bräuchten wir ganz generell, um die Bahnen in eine nachhaltigere und grüne Wirtschaft zu lenken?
Erstmal ein klares Verständnis von allen politischen Parteien, dass wir ein Klima-Problem haben. Es gibt bestimmt unterschiedliche Ansätze, mit diesem Problem umzugehen – aber dass wir es angehen müssen, sollte allen klar sein. Hier muss die Kommunikation auch plakativer werden, denke ich. Sodass wirklich jeder versteht, dass es dieses Problem gibt und wir gegen die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder arbeiten. Da gibt es noch zu viel Gleichgültigkeit.
Und dann, glaube ich, muss man mutiger sein. Wir brauchen klare Bekenntnisse. Ein politisches Commitment, zur Bahn oder zum E-Auto zum Beispiel. Dafür muss die Politik die Weichen stellen und Maßnahmen konsequent umsetzen. Da kann es dann nicht sein, dass die Politik direkt einknickt, nur weil einige Unternehmen schreien, dass sie Arbeitsplätze abbauen und dann die Umfrage-Werte sinken.
Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:
Nachhaltigkeitsberichterstattung im Mittelstand: Wie isst man einen Elefanten? von Prof. Dr. Christina E. Bannier, Justus-Liebig-Universität Gießen
Dilemma der Ökobilanz: Recycelte Kunststoffe bewerten von Dr. Anna Kerps, Fraunhofer UMSICHT
Wie unternehmerische Verantwortung auf Mitarbeitende wirkt von Dr. Irmela Koch-Bayram, Universität Mannheim
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