Develey: „Wir haben alles auf Null gesetzt“

Michael DurachDeveley Senf & Feinkost GmbH

In unserer Interview-Reihe sprechen wir mit kleinen und mittleren Unternehmen über das Thema nachhaltige Innovationen – und darüber, welche staatlichen Rahmenbedingungen aus ihrer Perspektive gegeben sein müssen, damit die anstehende Nachhaltigkeitstransformation erfolgreich bewältigt werden kann. 

Dieses Mal geht es um Develey Senf und Feinkost aus Unterhaching. Geschäftsführer Michael Durach erzählte uns, wie Develey durch Null-Ziele innovativer wurde.

Herr Durach, würden Sie uns Ihre Produkte näher beschreiben?

Wir vertreiben Feinkost-Produkte in vierter Generation. Dazu zählen Senf, Ketchup, Mayonnaise, Salatdressing und Feinkost-Soßen. Aber auch Essig, Meerrettich und Sirup wird von uns vertrieben. Regional und aus eigener Produktion. Denn wir wollen die gesamte Produktkette und damit auch die Qualität in einer Hand haben.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in dieser Produktkette?

Wir haben 2008 begonnen, unsere Nachhaltigkeitsstrategie aufzusetzen. Damals war das noch kein großes Thema. Um unseren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden erklären zu können, was wir darunter überhaupt verstehen, haben wir die Strategie unter folgendem Punkt subsumiert:

Alles, was nicht gut ist, wollen wir auf Null setzen.

Michael Durach

Das beinhaltet auch, CO2-neutral zu werden. Im ersten Werk haben wir das 2013 erreicht, im letzten 2020. Ein weiteres „Null-Ziel“ war, auf Palmöl zu verzichten. Das hört sich leicht an, war es aber nicht. Denn man findet Palmöl in vielen Rohstoffen und Produkten, sogar in Gewürzen. Aber auch das haben wir 2016 hinbekommen.

Wir haben uns immer wieder Null-Ziele gesetzt. Es wäre natürlich wesentlich leichter gewesen, sich weniger konsequente Ziele zu setzen. Beispielsweise, die Emissionen um zehn oder 20 Prozent zu reduzieren. Stattdessen haben wir unsere Organisation in eine Art Krisenmodus versetzt. Das Schöne daran war, dass wir dadurch innovativ wurden.

Haben Sie ein Beispiel für uns?

Wir haben zuerst geprüft, an welchen Stellen wir am meisten Emissionen produzieren. Ein großer Faktor war die Kühlung. Daher haben wir als eines der ersten Unternehmen in Deutschland unsere gesamte Kühltechnik auf natürliche Kältemittel umgestellt. Damals wurden diese nur im kleinen Maßstab genutzt, beispielsweise in Kühlschränken. Zusammen mit einem Hersteller haben wir die Kühlung dann für den Industriemaßstab entwickelt und umgesetzt. 

Ein anderes Werk haben wir auf Geothermie umgestellt. Dafür mussten wir unsere gesamte Technik umrüsten. In einem anderen Werk haben wir eine Biogasanlage gebaut und erzeugen dort unseren eigenen Strom.

Das Wichtigste war allerdings, dass wir das Thema Nachhaltigkeit in unserer Kultur verankert haben.

Michael Durach

Unsere Nachhaltigkeitsabteilung ist im Grunde genommen nur eine halbe Stelle. Weil wir gesagt haben, dass jeder Beschäftigte mit an Bord sein muss. Da haben wir mit Kleinigkeiten angefangen. Zum Beispiel wollten wir dazu anregen, über den eigenen Stromverbrauch nachzudenken. Aus der Belegschaft kam dann die Anregung, Zettel mit Erinnerungen, das Licht auszuschalten, an die Lichtschalter zu kleben. Wir haben den Mitarbeiter:innen von Develey Messgeräte mitgegeben, damit sie Zuhause messen können, welche Anwendung wie viel Strom verbraucht. Und wir haben den fahrstuhlfreien Freitag eingeführt. Das war übrigens auch eine Idee unserer Mitarbeitenden. Wir haben die Aufzüge in der Verwaltung langsamer gestellt, um bewusst zu machen, dass man auch hier Strom sparen kann.

Gab es Hürden bei der Umsetzung Ihrer Pläne?

Wir haben es uns erleichtert, weil wir einfach gemacht haben. Anfangs haben wir noch versucht, Fördermittel zu bekommen. Aber das ist ein undurchsichtiger Dschungel, der viel Zeit und Ressourcen kostet. Man wusste noch nicht, wer zuständig ist: Bayern, Berlin oder doch Brüssel. Wir haben auch nicht die Kapazitäten, uns groß um Förderanträge zu kümmern. Eigentlich braucht man Mitarbeitende, die sich nur damit beschäftigen. Sonst macht man das Kreuz an der falschen Stelle und der Antrag ist hinfällig. Wir sind Mittelständler – für so etwas haben wir keine Zeit, wir wollen machen. Auch Genehmigungsverfahren dauern viel zu lange. Gerade, wenn man Pionier auf einem Feld ist, kommt man nicht voran.

Was würden Sie sich wünschen, damit es besser voran geht?

Dass man als Pionier schnellere Genehmigungsverfahren bekommt. Wir haben den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen. Wir haben zig Dokumentationen darüber, wie nachhaltig wir agieren. Trotzdem gibt es Formulare über Formulare und es dauert ewig, bis man ein Ergebnis hat. Ich würde mir außerdem mehr Planungssicherheit wünschen.

Ein weiterer Punkt ist die Förderkultur. Unser Betrieb braucht keine Fördergelder – ich würde mir vielmehr wünschen, dass wir für nachhaltige Investitionen eine Steuererleichterung erhalten. Dann würden nämlich die Betriebe Vergünstigungen erhalten, die solide da stehen. Wenn Fördergelder vergeben werden, müssen die ja erst einmal wieder erwirtschaftet werden.

Gibt es denn bei Develey noch weitere Planungen für mehr Nachhaltigkeit?

Wir haben gerade unsere nächste Stufe gezündet: Bis 2025 wollen wir unsere Werke komplett mit eigenem Strom durch Solar- und Windkraft versorgen und damit unsere Energieautarkie weiter vorantreiben. Parallel arbeiten wir an unserer Wertschöpfungskette. Wir haben regionale Marken und kaufen regionale Produkte dafür ein. Wir sind der größte Abnehmer, aber auch der größte Anbauer von Senf in Europa. Bei manchen Marken bauen wir die Rohstoffe praktisch um die Fabrik an. In Thüringen arbeiten wir nur mit Thüringer Senfsaat. Das reduziert ebenfalls unseres CO2-Footprint.

Was denken Sie, brauchen wir in Deutschland generell, um die Bahnen in eine nachhaltigere Wirtschaft zu lenken?

Wir brauchen wieder eine Vision. Wir brauchen visionäre Politiker, denen wir als Bürger und Unternehmer gerne folgen. Die nicht in Wahlperioden denken, sondern wieder ans Land. Wir müssen an unseren Wirtschaftsstandort glauben. Wir müssen Transformationen durchdacht angehen. Wir brauchen Einigkeit über Parteien hinweg und dürfen nicht nur agieren, um zu agieren.

Und da sind wir wieder beim Thema Vision.

Michael Durach

Und ich glaube, man muss sich in Deutschland davon verabschieden, im Unternehmer nur den bösen Kapitalisten zu sehen. Wir Mittelständler zahlen Steuern und beschäftigen Menschen. Wir sind innovativ. Wir nehmen das persönliche Risiko auf uns und investieren unser Geld. Aber die Anreize müssen stimmen. Zum Beispiel, indem man Verfahren beschleunigt und Steuererleichterungen lenkt. Denn das ist schon Anreiz genug, mehr für Nachhaltigkeit zu tun. Es darf einfach nicht so schwer gemacht werden.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Wie unternehmerische Verantwortung auf Mitarbeitende wirkt von Dr. Irmela Koch-Bayram, Universität Mannheim

Installion GmbH: „Wir brauchen eine Klimagründer-Generation“ mit Florian Meyer-Delpho, Installion GmbH

Der Nachhaltigkeitswandel als Jobmotor für die deutsche Wirtschaft von Fritz Putzhammer, Bertelsmann Stiftung



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