Regionalisiertes Klimageld: Entlastung in ländlichen Räumen, doch Probleme bleiben

Dr. Renke SchmackerDIW und WZB Berlin
Dr. Stefan BachDIW Berlin
Lars FelderDIW Berlin

Die Debatte um eine sozial gerechte Klimapolitik ist aktueller denn je. Denn während die CO₂ -Preise für Kraftstoffe und Heizstoffe langfristig steigen dürften— mit unterschiedlichen Auswirkungen auf Stadt- und Landbevölkerung— hat Deutschland nach wie vor keinen Entlastungsmechanismus, der die Einnahmen aus der CO₂ -Bepreisung an die Bürger zurückverteilt.

Eine aktuelle Studie untersucht, ob ein regional abgestuftes Klimageld für eine gleichere Aufteilung der Transformationskosten zwischen den Regionen sorgen kann und so Härtefälle reduziert.

Warum ein regional gestaffeltes Klimageld?

Auf nationaler und europäischer Ebene wird CO₂ bepreist, um Anreize zu setzen Benzin, Heizöl und Gas einzusparen. Die Einnahmen, die durch die Bepreisung erzielt werden, sollten ursprünglich über ein sogenanntes „Klimageld an die Bevölkerung zurückfließen, um die Belastung durch höhere Energiepreise abzufedern und breite Akzeptanz zu sichern.

Bis dato hat Deutschland aber noch keinen Auszahlungsmechanismus eingeführt und es gibt lebhafte Diskussionen darüber, wie eine solche Kompensation aussehen sollte. Eine mögliche Ausgestaltungsform ist ein regional differenziertes Klimageld, wie es 2023 und 2024 in Österreich ausbezahlt wurde.

Die Idee dabei ist, dass Menschen in ländlichen Regionen, die aufgrund schlechterer ÖPNV-Anbindung stärker auf das Auto angewiesen sind und öfter in weniger energieeffizienten Gebäuden wohnen, mehr zurückbekommen als Menschen in Großstädten. Eine Hoffnung ist, dass ein solch regionalisiertes Klimageld auch die Zahl der Härtefälle reduziert, die durch die CO₂ -Bepreisung besonders stark finanziell belastet werden.

Die Studie untersucht für Deutschland, wie die Verteilungswirkung eines CO₂-Preises und eines einheitlichen und regional gestaffelten Klimageldes wäre. Sie verwendet dafür ein Mikrosimulationsmodell auf Grundlage des SOEP um die finanziellen Belastungen eines hypothetischen CO₂ -Preises von 160 Euro je Tonne zu berechnen, differenziert nach Einkommen und nach Region.

Dem gegenübergestellt werden die Entlastungen, wenn die Einnahmen der CO₂-Bepreisung entweder einheitlich an die Bürger zurückverteilt werden oder gestaffelt nach vier Regionskategorien. Zusätzlich werden regional differenzierte Verhaltensanpassungen bei der Kraftstoffnachfrage berücksichtigt. Diese basieren auf einem Umfrageexperiment mit über 2.000 Autonutzer:innen in Deutschland, die gefragt wurden, wie sie ihr Mobilitätsverhalten bei einem höheren Benzinpreis verändern würden.

Regional gestaffeltes Klimageld verteilt um

Die CO₂-Bepreisung ist das zentrale Instrument der europäischen Klimapolitik. Auch das Umfrageexperiment zeigt: Der simulierte CO₂-Preis von 160 Euro pro Tonne würde den Kraftstoffverbrauch spürbar senken.

Zugleich verdeutlicht die regionale Auswertung, dass Menschen auf dem Land im Status quo mehr Kraftstoff verbrauchen und bei steigenden Preisen ihren Verbrauch etwas weniger stark senken würden als Stadtbewohner. Wie könnte ein Klimageld hier für Entlastung schaffen, insbesondere bei Haushalten mit geringem Einkommen?

Die Ergebnisse des Mikrosimulationsmodells zeigen zunächst, dass der CO₂-Preis in Kombination mit einem einheitlichen pro Kopf Klimageld (360 Euro im Jahr) per Saldo progressiv wirkt. Haushalte im untersten Dezil werden im Durchschnitt entlastet, während die 30 Prozent einkommensstärksten Haushalte im Durchschnitt belastet werden.

Aber: Variationen in den Be- und Entlastungen der Einkommensgruppen

Diese Durchschnittswerte verdecken aber große Variation in den Be- und Entlastungen innerhalb der Einkommensgruppen. Während das ärmste Quintil zwar im Durchschnitt entlastet wird, werden 14,6 Prozent dieser Haushalte mit mehr als einem Prozent des Nettoeinkommens belastet— dies sind Haushalte mit besonders hohem Energieverbrauch, die als soziale Härtefälle gesehen werden können. Aufgrund ihres niedrigen Einkommens wird es ihnen schwerfallen, ihre Wohnung energieeffizient zu sanieren oder auf ein sparsameres Fahrzeug umzusteigen, sodass ihre Kaufkraft durch die CO2-Bepreisung mittelfristig reduziert wird.

Haushalte mit besonders hohen Belastungen sind deutlich häufiger in ländlichen Regionen vorzufinden als in den Städten. Während in den Großstädten nur 9,2 Prozent der ärmsten Haushalte mit über einem Prozent belastet werden, sind es auf dem Land 15,2 Prozent. Die Frage ist also, ob ein regional differenziertes Klimageld die sozialen Härtefälle reduzieren kann.

Kann ein regional differenziertes Klimageld Härtefälle reduzieren?

Das simulierte regionale Klimageld ist so ausgestaltet, dass Personen in den Großstädten 279 Euro pro Jahr erhalten und solche im ländlichen Raum 452 Euro pro Jahr. Wie erwartet, führt die regionale Differenzierung dazu, dass der Anteil von sozialen Härtefällen auf dem Land reduziert wird und der Anteil in den Großstädten größer wird.

Das regional differenzierte Klimageld führt aber nicht dazu, dass die Zahl der sozialen Härtefälle deutschlandweit reduziert wird. Der Grund dafür liegt darin, dass es auch in den Städten große Heterogenität in den finanziellen Belastungen gibt. Eine Umverteilung von Stadt zu Land führt somit dazu, dass der Anteil der Haushalte mit hohen Netto-Belastungen in der Stadt ähnlich stark steigt wie er auf dem Land sinkt.

Fazit: Entlastungsmechanismus ist wichtiger Teil der Klimapolitik

Das Klimageld bietet eine transparente und unmittelbare Entlastung für Konsument:innen. Anders als eine Senkung der Stromsteuer oder die direkte Förderung von Sanierungsmaßnahmen skaliert das Klimageld automatisch mit steigenden CO2-Preisen mit und erreicht die zu entlastenden Haushalte unabhängig vom Verhalten der Unternehmen.

Anstelle eines pauschalen Klimagelds kann ein regional differenziertes Klimageld – auf dem Land höher als in der Stadt – den unterschiedlichen Belastungen und Ausweichmöglichkeiten bei Verkehr und Heizkosten Rechnung tragen. Eine solche Belastungsverschiebung könnte vorteilhaft für die politische Akzeptanz der CO₂ -Bepreisung sein, welche in den ländlichen Gebieten oftmals niedriger ist.

Die Gesamtzahl der sozialen Härtefälle werden durch die regionale Staffelung jedoch nicht reduziert. Hier ist die Politik besonders gefragt: Neben dem Klimageld braucht es gezielte Förderprogramme für Menschen mit niedrigem Einkommen, etwa für energetische Sanierung oder nachhaltige Mobilitätslösungen. Perspektivisch könnte ein Abschmelzen des Klimagelds bei hohen Einkommen zur Finanzierung dieser Förderprogramme beitragen.

Nur wenn konkrete Entlastungsmechanismen Hand in Hand mit der CO₂-Bepreisung eingeführt werden, kann Klimapolitik als sozial gerecht wahrgenommen werden—und damit dauerhaft politisch tragfähig sein.

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