Grünes Marketing? Warum Verbraucher E-Autos kaufen  

Dr. Katrin ZulaufUniversität Kassel

In einer Zeit, in der die Dringlichkeit des Klimawandels immer offensichtlicher wird, steht die Mobilität vor einer entscheidenden Herausforderung: die Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Eine jüngst in Deutschland kontrovers diskutierte Lösung dieses Problems ist die Umstellung von Verbrennungsmotoren auf Elektromotoren, eine Option, die von Politikern, Aktivisten und Medien gleichermaßen unterstützt wird.

Die Vorteile von Elektrofahrzeugen werden in Untersuchungen und den Medien hervorgehoben: Sie sind umweltfreundlicher, leiser und bieten oft eine bessere Beschleunigung als herkömmliche Verbrenner. Zudem passen sie gut in das Bild einer modernen, nachhaltigen Gesellschaft. Doch trotz dieser positiven Eigenschaften gibt es noch Hürden zu überwinden.

Die Entwicklung der Absatzzahlen

Ein Jahrzehnt nach ihrer Einführung auf dem Massenfahrzeugmarkt stehen Elektrofahrzeuge immer noch bedeutenden Markthindernissen gegenüber, wie beispielsweise einer unzureichenden Ladeinfrastruktur und einem Mangel an weitreichender Akzeptanz bei den Verbrauchern. 

Betrachten wir die Entwicklung der Absatzzahlen, so ist die Auswirkung der politischen Maßnahmen deutlich zu erkennen. Im vergangenen Jahr sorgte die Bundesregierung zunächst für Aufsehen, als sie die Kaufprämie für gewerbliche Elektroautos strich, gefolgt von einer überraschenden Entscheidung im Herbst, auch die Prämie für private Käufer zu kappen.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Die Nachfrage brach zu Jahresbeginn drastisch ein. Doch zwischen den düsteren Wolken gab es zumindest einen Hoffnungsschimmer: Im Februar und März 2024 zeigte sich eine zaghaft aufsteigende Tendenz. 

Subventionen und Steuererleichterungen könnten die direkten Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf der Elektrofahrzeuge senken. Investitionen in die Infrastruktur könnten die Ladesituation verbessern, was wiederum die Attraktivität der E-Autos für Verbraucher erhöhen würde. Viele Verbraucher fürchten weiterhin, ein E-Auto möglicherweise nicht ausreichend laden zu können und sind deshalb beim Kauf zögerlich.

Motive für den Kauf eines E-Autos

Unsere Untersuchung hat sich zum Ziel gesetzt, die Absicht potenzieller Kunden zur Anschaffung von Elektrofahrzeugen in drei Ländern (Chile, Deutschland und Spanien) genauer zu untersuchen. Interessanterweise war es nicht – wie beim klassischen Verbrenner – die Qualität oder das Auto als Statussymbol, das die Kaufabsicht erklärt.

Unsere Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von Autofahrern zeigen, dass der soziale Wert von Elektrofahrzeugen ein entscheidender Faktor für die Kaufabsicht ist.

Menschen kaufen diese Fahrzeuge nicht nur wegen ihrer Umweltfreundlichkeit, sondern auch, weil sie von ihrem sozialen Umfeld dafür anerkannt werden.

Dr. Katrin Zulauf

Dieser Aspekt unterstreicht die Bedeutung einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz von Elektrofahrzeugen für ihren erfolgreichen Markteintritt. Die Hersteller und auch der Autohandel bemühen sich, der aktuellen Absatzkrise durch Marketingmaßnahmen zu begegnen, wobei der Umweltschutz im Zentrum der Kommunikation steht.

Fraglich ist, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher dieser Kommunikation Glauben schenken. Zudem ist bisher auch ungeklärt, ob diese Argumente überhaupt im Moment der Kaufentscheidung ausschlaggebend sind.

Mit Marketing die Akzeptanz von E-Autos fördern

Um eine breite Akzeptanz von Elektrofahrzeugen zu fördern, sollten Hersteller ihre Bemühungen darauf konzentrieren, das Bewusstsein für die Umwelt- und Sozialvorteile zu erhöhen, die mit der Nutzung von Elektrofahrzeugen verbunden sind. Dies könnte durch Marketing- und Kommunikationskampagnen erreicht werden, die die positive Auswirkung von Elektrofahrzeugen auf die Reduzierung von Treibhausgasemissionen und den Schutz der Umwelt hervorheben.

Die Aussagen sollten aber nicht überzogen und übertrieben werden, denn die Studie zeigt auch, dass Skepsis gegenüber grünem Marketing die Bereitschaft zum Kauf eines Elektroautos mindern kann. Verbraucher sind kritisch gegenüber Werbeaussagen, die Umweltfreundlichkeit betonen, und fordern mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit von den Herstellern.

Die Ergebnisse der Verbraucherbefragung deuten darauf hin, dass übertriebene grüne Versprechungen von Herstellern kontraproduktiv sein können

Dr. Katrin Zulauf

Behauptungen wie „null Gramm CO2“ sind angesichts des Kohlestromanteils bei Produktion und Ladevorgang nicht glaubwürdig, insbesondere für Verbraucher mit einem ausgeprägten Umweltbewusstsein.

Dass die wahrgenommene Qualität die Kaufabsicht nicht direkt beeinflusst, weist ebenfalls darauf hin, dass gezielte Kommunikationsstrategien erforderlich sind, um den Einfluss der wahrgenommenen Qualität zu verstärken.

Imagetransfer vom Verbrenner zum E-Auto

Emotionale, preisliche und soziale Werte beeinflussen die Kaufabsicht positiv und betonen die Bedeutung der Erfüllung hedonistischer Werte im Marketing. Skepsis gegenüber grüner Werbung wirkt sich negativ auf den wahrgenommenen Wert von Elektrofahrzeugen aus und unterstreicht die Notwendigkeit glaubwürdiger, informativer und auf grüne Themen fokussierter Kommunikation. Bestenfalls können traditionelle Hersteller durch einen Imagetransfer die positive Wahrnehmung ihrer Verbrenner auf die E-Autos übertragen.

Insgesamt ist der Übergang von Verbrennungsmotoren zu Elektrofahrzeugen komplex. Obwohl die Vorteile dieser neuen Technologie offensichtlich sind, gibt es noch viele Hindernisse zu überwinden. Politische Entscheidungsträger, Hersteller und Verbraucher müssen gemeinsam daran arbeiten, diese Herausforderungen zu bewältigen und die Elektromobilität zu einem integralen Bestandteil unserer zukünftigen Mobilität zu machen.

Weitere Beiträge zum Thema auf unserem Blog:

Elektrifizierung oder Wasserstoff: Konkurrenz um die Energiewende? von Felix Schreyer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)

Automobilindustrie: Ist eine Kreislaufwirtschaft für Reifen möglich? von Dr. Daniel Maga, Fraunhofer UMSICHT

„Vehicle-to-Grid“: Elektroautos als Speicher für erneuerbare Energien von Dennis Schulmeyer, LADE GmbH

 

 

 



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