Remanufacturing: Aus alt mach neuwertig
Herr Dr. Oberender, was genau bedeutet eigentlich Remanufacturing?
Remanufacturing beschreibt die industrielle Aufarbeitung am Ende der Nutzungsphase eines Produkts. Das heißt, dass Produkte überarbeitet werden – und danach einem Neuprodukt ebenbürtig sind.
Hier liegt der Unterschied zu einer Reparatur: Dabei tauscht man nur defekte Teile aus. Beim Remanufacturing werden unter anderem auch Verschleißteile erneuert.
Haben Sie ein Best Practise-Beispiel für uns?
In der Automobilindustrie werden beispielsweise Verbrennungsmotoren oder Lichtmaschinen neu aufbereitet. Das hat eine lange Tradition in Deutschland. Auch Flugzeugtriebwerke sind typische Produkte für Remanufacturing. Es geht also häufig um komplexe Produkte, die nur schwer herzustellen sind.
Ein Smartphone dagegen wird man durch den Austausch von Teilen nur aufhübschen können. Hier lässt sich durch die Schnelllebigkeit der Modelle kein neuwertiges Produkt erzielen.
Weitere Produkte, die sich weniger für Remanufacturing eignen, sind beispielsweise Möbel. Der Transportaufwand ist hoch, ebenso die Vielzahl der Modelle. Die Stückzahlen sind dagegen meist niedrig.
Wie hoch ist denn das Potenzial, um Ressourcen einzusparen?
Das Potenzial, Ressourcen und damit Kosten einzusparen, hängt davon ab, wie viel man von dem jeweiligen Produkt erhalten kann. Also beispielsweise davon, ob man nur wenige Teile austauschen muss.
In jedem Fall ist ein großer Vorteil des Remanufacturing, dass man nicht bei Null anfängt. Man tauscht nur die Teile aus, die man erneuern muss. Das ist beim Recycling anders. Danach muss alles neu produziert werden – auch funktionierende Teile.
Im Remanufacturing liegt daher auch ein großes Potenzial, CO2-Emissionen einzusparen.
Welche Hürden gibt es beim Remanufacturing?
Die Produktgestaltung kann eine Hürde sein. Ein Produkt eignet sich nicht, wenn es nicht demontierbar ist – man also nicht kostengünstig an die Verschleißteile heran kommt.
Gleiches gilt für kurzlebige Produkte, wo es schnell neue Modelle gibt. Zudem muss man prüfen können, ob die Qualität nach dem Remanufacturing wirklich so gestiegen ist, dass das Produkt als neuwertig gelten kann.
Auch die Rückfuhr-Logistik ist teils problematisch: Wie bekomme ich Produkte aus dem Markt zurück?
Die Automobilindustrie arbeitet hier beispielsweise mit einem Pfandsystem. Wenn man eine Lichtmaschine bestellt, bekommt man einen Betrag gutgeschrieben, wenn man seine alte zurück schickt. Auch Leasingmodelle sind nah am Hersteller.
Und: Man braucht qualifiziertere Mitarbeiter als in der Neuproduktion.
An welchen Stellschrauben kann generell gedreht werden, um Ressourcen besser zu nutzen? Beispielsweise auch politisch?
Zunächst einmal sollte man besser über das Thema informieren. Die Möglichkeit muss bei Herstellern bekannter werden, aber auch beim Endverbraucher. Hier sollte man vermitteln, dass Remanufacturing einen hohen Qualitätsanspruch hat.
Ein weiterer Punkt wäre, die Eco-Design-Richtlinie der EU mehr vom Standpunkt des Remanufacturing aus zu denken. Diese Richtlinie hat Einfluss auf die Produktgestaltung.
Grundsätzlich sollte man auch die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren stärken – die Hersteller also besser mit dem Handel und den Verbrauchern zusammenbringen. Dass würde die Rückführung von alten Produkten erleichtern.
Bislang lag und liegt der Fokus in Wirtschaftswissenschaften und -politik auf der Arbeitsproduktivität. Haben Sie den Eindruck, dass die Ressourcenproduktivität nun stärker in den Blick gerät?
Sie spielt eine zunehmende Rolle, wird beispielsweise auch von Verbrauchern verstärkt nachgefragt. Auch für Unternehmen bietet sie Potenziale. Sie haben eine wirtschaftliche Motivation, Ressourcen und Emissionen einzusparen.
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